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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 341
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0341
Tatsächlich sind uns häufige Berichte über Gesetzesverstöße gegen das
Tanz- und Festverbot bekannt. In Bekanntmachungen erinnerte die Offenburger
Bezirksbehörde regelmäßig an die Einhaltung obiger Verordnung.
Die Gesetzesflut traf in erster Linie Gastwirte. Man machte sie für den unerlaubten
Besuch von Tanzböden durch Schulkinder verantwortlich.

Viele Dorfjugendlichen zogen ins benachbarte Offenburg. Dort ordnete der
Stadtrat im Jahre 1828 an, daß „noch nicht mannbaren jungen Leuten und
besonders Kindern, welche noch die Schule besuchen, nicht gestattet sei,
sich auf Tanzböden als Theilnehmer oder Zuschauer einzufinden."99

Daß der staatliche Verwaltungsapparat und die kirchliche Seelsorge nicht
immer am gleichen Strang zogen, können wir an einer Entscheidung des
Oberamts Offenburg im Jahr 1833 sehen. Überraschenderweise lockerte die
Behörde das Tanzverbot an Oster- und Pfingstmontagen sowie am zweiten
Weihnachts- oder Stephanstag. Der örtliche Klerus brach nach jener Entscheidung
in einen wahren Entrüstungssturm aus.

Die Pfarrämter des Dekanats protestierten, weil nun innerhalb der kirchlich
geschlossenen Zeit das Tanzverbot aufgehoben wurde100. Die Behörde, so
argumentierten die Pfarrer, habe schließlich die Pflicht, für die Bedachtung
der kirchlichen Gesetze zu sorgen und „dieses um so mehr, als das ohnehin
tief gesunkene kirchliche Leben unter den Katholiken einen weiteren Stoß
von denen nicht erhalten darf, welche vermöge ihres Amtes berufen sind,
daßselbe zu erhalten und zu stärken."101

Zahlreiche Kirchenvertreter empörten sich insbesonders über die jetzt gültige
Tanzerlaubnis am Stephanstag, an dem das Gesinde seinen Dienstherrn
wechseln durfte.

..Wird an diesem Tage Tanzbelustigung gestattet, so darf man annehmen, daß unter 10
Dienstboten beiden Geschlechts bei 7 bis 8 der etwa gesparte Lohn größtenteils verpraßt und
Verbindungen fürs ganze Jahr angeknüpft werden."

6. Die Mentalität zweier Dorfpfarrer

Von der Frömmigkeit führt der Weg zur Rolle des katholischen Dorfpfarrers
.

Denken wir nicht sofort an das Bild des immer sittenstrengen, rückwärts
gewandten, gutgenährten, katholischen Dorfpfarrers, das uns seit Kulturkampfzeiten
überliefert wurde? Als Positiv, durch die Brille der katholischen
Kirchengeschichtsschreibung, als Negativ durch die protestantisch
gefärbte Geschichtsschreibung und aufklärerisch-liberale Brille.

Bei näherem Hinsehen entdecken wir, wie fleißig auch hier die Retuscheure
am Werk waren. Ich möchte im folgenden zwei Weingartener Dorfpfarrer
vorstellen.

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