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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 345
(PDF, 143 MB)
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..Pfarr-Rektor Haberstroh war ein äußerst energischer Priester, der unter den größten
Schwierigkeiten die Vergrößerung durchsetzte, die ganz sein Werk ist; für sie hat er sein Leben
geopfert, er konnte die Vollendung nicht mehr schauen, da er mitten in der Kirchenbauzeit
starb.""4

Haberstrohs Personalakte können wir entnehmen, daß er mehrere Jahre in
der Pfarrei Forchheim seelsorgerisch tätig war. Dort hielt er in den Jahren
1843—1848 mehrere Vorträge, die bei den Zuhörern großen Beifall fanden.
Haberstroh schreibt über sich:

..Im März 1848 wurde ich durch die Revolutionäre von meiner Pfarrei zu Forchheim gewaltsam
vertrieben, und von nun da an bis November 1850 als Pfarrverweser zu Kiechlinsbergen
(...) Im Jahre 1849 wurden von der sog. provisorischen Regierung, weil ich dieser den Huldigungseid
nicht leistete, drei Verhaftungsbefehle gegen mich ausgestellt, von deren Ausführungen
mich nur die Liebe und Anhänglichkeit meiner Pfarrgemeinde Kiechlinsbergen
schützte."115

Haberstrohs Pessimismus läßt sich teilweise aus seiner Biographie ableiten;
zudem litt er an einer chronischen Krankheit, worauf einige Kuraufenthalte
schließen lassen. 1850 äußerte er sich in einem Konferenzaufsatz zum Thema
: „Welches sind die Quellen des herrschenden Unglaubens unserer
Zeit?" Haberstroh gab der „Gleichgültigkeit gegen Religion und alles Religiöse
, dem Zweifel und des oft frechen Unglauben" die Schuld. Er wehrte
sich gegen das rationalistisch-utilaristische Denken, beklagte die Einseitigkeit
der Bildung.

Die Vernunft sei zwar „Strahl des göttlichen Lichtes, die uns dahier erhellt
", doch sei die religiöse Bildung einer kalten Verstandeskultur gewichen
. Haberstroh wetterte gegen den Zeitgeist: gegen „Vielwisserei", die
Sucht der Zeit, gegen den Materialismus und gegen „verderbliche Schriften
, Lieder und Bilder."

..In unserer Tagen der sog. Aufklärung und da jeder zu dieser Klasse gezählt sein will, liest
man so gerne, jung und alt heischt begierig nach Leetüre, besonders nach solcher die dem
sog. Fortschritt huldigt und Vorschub leistet, die alles Bestehende verdächtigt, begeiselt und
in den Koth zieht."

In einem zweiten Vortrag warf Pfarrer Haberstroh die Frage auf, welche
Maßnahmen er gegen die „zunehmende Verwilderung der Jugend nach der
Schulentlassung" unternehmen wollte.

..Wer erst tiefer und ins Einzelne des Lebens unserer der Schulbildung entlassenen Jugend
eingeht, und bemerkt die frühen Äußerungen des Geschlechtstreibens in Schamlosigkeit, natürlicher
und widernatürlicher Wollust -selbst unter dem weiblichen Geschlecht, den rohen
Trotz und Widerspruchsgeist gegen die Eltern und Vorgesetzte, die unbändige Genußsucht,
den Eckel an religiösen Uebungen, den frechen Spott gegen durch Alter und Stand Verehrungswürdige
, zügellose Nachtschwärmerei, die brutale Streitsucht, die unbändige Spiel-
und Saufflust. die muthwillige Zerstörung und Entwendung fremden Eigenthums (...)"

Damit sind wir wieder bei unserem Anfangsproblem angelangt, auf das uns
der Rammersweirer Hagelkonflikt vor Augen gebracht hat: dem Kernpunkt
der Dorfgeschichtsschreibung, der Annäherung an das Dorf der Vergangenheit
und seiner Bewohner.

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