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Abb. 8
tische Züge. Der Maler hat sich mit seiner Zeit entwickelt, und der
Renaissance-Geist löst ihn aus seiner früheren gotischen Verhaltenheit.
Die Gesichter sind die des Lautenbacher Malers, doch hier ist ihr Ausdruck
ausgeprägter geworden, und die Züge wirken älter, was für ein spätes Werk
des Künstlers spricht.
Die männlichen Gesichter sind angespannt — entweder scharfsichtig, wie
das Josephs (Abb. 9), oder durch die Vorausahnung des Martyriums der
Söhne besorgt und traurig, etwa bei Alphäus (Abb. 11) und Zebedäus (Abb.
12), sybillisch bei der alten Anna, deren Antlitz hohlwangig und streng ist.
Eine männliche Figur, einen eleganten modischen Hut tragend (Abb. 14),
der sich von den Turbanen der anderen Männern unterscheidet, schaut von
hinten zum Betrachter hin. Ein ähnliches, zwar jüngeres Gesicht, blickte
auch vom Hintergrund heraus zum Zuschauer hin, auf zwei Bildern des
Lautenbacher Hochaltars, einmal bei geschlossenen Flügeln auf dem Marientod
(Abb. 15) ein anderes Mal bei offenen Flügeln auf der Beschneidung
Christi (Abb. 16).
Die offensichtliche Wichtigkeit dieser Figur läßt vermuten, daß es sich um
ein Selbstbildnis des Malers handelt.29 Falls dies tatsächlich der Fall wäre,
wäre der Maler in Nesselried etwa zwanzig Jahre älter als auf dem Lauten-
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