Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 425
(PDF, 143 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0425
bacher Hochaltar, also ein Mann Mitte vierzig. Das Gesicht Mariens ist
dasselbe (Abb. 17), doch gealtert wie das Gesicht der Maria auf der Anbetung
der Könige in Lautenbach (Abb. 18), das die Züge der Muttergottes auf
dem Paumgartner Altar Dürers (Abb. 19) variiert. Maria Salomas (Abb. 20)
ist auch eine gealterte Version der Maria der Beschneidung Christi in Lautenbach
(Abb. 21), ein und derselbe Frauentyp wie die Maria auf dem Epitaph
des Markgrafen von Baden (1509, Staatl. Kunsthalle Karlsruhe) von H.
Baidung Grien (Abb. 22). Joseph auf dem Nesselrieder Bild (Abb. 9) ist
auch älter geworden (Abb. 10), und die bärtigen Männer, besonders Al-
phäus (Abb. 11) und Zebedäus (Abb. 12), sind Varianten des Atelierstyps
des bärtigen im Hintergrund stehenden Mannes auf der Darstellung Christi
in Lautenbach (Abb. 13), einer geläufigen Physiognomie bei dem Meister
des Lautenbacher Hochaltars.

Der schon herangezogene Vergleich mit der Komposition des Sippen-
Retabels Riemenschneiders läßt sich auf einzelne Formen erweitern: Die
Linie der Falten der Kleider, Mariens und Annas (Abb. I, 2) ist auf beiden
Werken fast identisch, in Nesselried zwar etwas verdeutlicht. Dasselbe kann
man auch bei dem Kopftuch der Anna beobachten, das ein Rechteck um die
Augenbrauen dieser Gestalt bildet. Die Rohrfalten der Kleider, die in Nesselried
wie solche aus einem Hochrelief wirken, metallisch und manieri-
stisch, sind ein Merkmal, das die Kunst des Malers mit dem Oberrhein und
speziell der Ortenau verbindet. Solche Faltengebung (Abb. 23) ist zwar neu
bei dem Meister des Lautenbacher Hochaltars, aber in der Ortenau geläufig
, wie es der schon auf 1503 datierte Annenaltar (Abb. 8) der Lichtentaler
Fürstenkapelle beweist, ein Auftragswerk der Äbtissin Markgräfin Maria
von Baden, Tochter Christophs.30 Die in der Kunsthalle Karlsruhe aufbewahrten
Flügel des Monogrammisten IS mit der Schaufel (Abb. 24) früher
im Besitz der markgräflichen Familie31 zeigen dieselben Züge, die wohl
dem Geschmack der Markgräfin und der von der Dürerschule bedingten lokalen
Mode entsprachen. Die manieristische Entwicklung in der Ortenauer
Kunst läßt sich zuerst im Lichtentaler Annenaltar bemerken, jedoch ebenfalls
beim Lautenbacher Meister, dessen Manierismus noch lange einen
spätgotischen Charakter behält. So war die Körperhaltung der ans Geländer
gelehnten Männer in Nesselried (Abb. 25) vorgebildet in den berühmten
steinernen, für die Straßburger Kanzlei geschaffenen Gesimsfiguren des Nikolaus
Gerhaert von Leyden (Abb. 26) und seines Schülers Conrat Sifers
(in Straßburg von 1491 bis 1501 tätig).

Diese Entwicklung ist ein Epochenmerkmal, das in dem baldungschen Manierismus
am Oberrhein gipfelt.

Die Form in Nesselried ist nicht so monumental wie bei Baidung. Dafür
war das Wesen des Malers nicht kühn genug, zu verinnerlicht und diskret.
Er bevorzugte die natürlichen, weicheren, anmutigen Formen. Doch in

425


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0425