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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 520
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symbolisch ein Ort europäischer Entzweiung und Katastrophe; die innere
Rundreise führt durch das historische Europa, erfaßt die „Gleichheit Europas
in der Geschichte seiner Völker und seiner großen Gestalten"28, und
zwar in „fröhlicher" Stimmung, das Motiv einer Sonate Mozarts im Ohr,
des „europäischen Paradiesvogels"29, wie er ihn nennt. Die Einheit beruht
in der Schicksalsgemeinschaft und kulturellen Tradition der Christenheit
(„Europa oder die Christenheit", nach der Formel des Romantikers Novalis
); es ist das mittelalterliche Europa, das heraufbeschworen wird, die Zeit,
als es (wie Schickele hinzufügt) „einen lebendigen Organismus Europa
gab"30, und so bekennt er: „Es schwebt mir etwas vor, wie die geistige
Wiederherstellung des Reichs Karls des Großen, eines Reichs europäischer
Kulturgemeinschafi"M ... Wiederherstellung: es gab ein Europa (eben jenes
christlich-mittelalterliche), Europa ist Erbe und Zukunft; geistige Wiederherstellung
: kein Machtreich soll wiederhergestellt werden, es geht um
das Geistige, um eine erneuerte europäische „Kulturgemeinschaft". Wir
finden beim Essayisten und Romancier keinen genaueren politischen Weg
vorgezeichnet, doch als Schriftsteller empfand er dies nicht als sein Betätigungsfeld
. Auf kulturellem Gebiet kam es ihm durchaus auf konkrete Vorschläge
an, so z. B. wenn er 1930 als Mitglied der „Preußischen Akademie
der Künste" den Antrag einbrachte, eine Zusammenkunft der europäischen
Kultusminister zu veranlassen, mit dem Zweck, „die Schullesebücher der
einzelnen Länder auf einen friedfertigen, völkerversöhnenden Ton abzustimmen
und andere Abwehrmaßnahmen wenigstens gegen die schlimmsten
Auswüchse eines demagogischen Nationalismus zu erwägen".32 Dieses
aufklärerische Anliegen zeigt auch, wie sein Denken progressiv blieb und
nicht allzu vereinfachend nun als „konservativ" bezeichnet werden darf. Er
hoffte auf die politische Einheit, und zwar (wieder als realistischer Utopist)
über den Weg einer wirtschaftlichen Einheit, eines „Europäischen Zollvereins
", und daß „sich aus dem wirtschaftlichen Zusammenschluß ein überstaatliches
politisches Bewußtsein in Europa entwickeln wird" (nach dem
Modell der deutschen Einheit im 19. Jahrhundert)33; aber die eigentliche
Bedeutung, sozusagen die Rechtfertigung dazu lag für ihn in jenem Kulturellen
, das wir zusammenfassend deuten können als zugleich christliches
und humanistisch-demokratisches Kulturgut.

Sein innigstes Anliegen war und blieb die europäische Lösung des elsässi-
schen Problems. Immer noch sah er sein Elsaß als ein historisches Kernland
Europas, so in der Elsaß-Trilogie Das Erbe am Rhein:

Das Reich Karls des Großen, hier lebte seine Seele weiter, während die
Trümmer seiner Gestalt über Europa verstreut lagen — o du kleine, an der
Grenze zweier Nationen, zwischen den beiden unermüdlichen Ringern um
die verlorengegangene Krone in wieviel Karnevalen und Ostern ausharrende
Provinz der einigen Christenheit: Elsaß!34

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