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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 598
(PDF, 143 MB)
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Justiz Herrn Dinter weiterhin beschützen und uns und alle, die an eine
Umkehr glauben und für sie tätig sind, noch obendrein verhöhnen will".

Mußte es Ahrens naturgemäß um das in der Tat bemerkenswerte Desinteresse
der Justiz am Fall eines völkisch-antisemitischen Ideologen und ehemaligen
Nazipolitikers gehen, um die erstaunlich „nachsichtige" Beurteilung in
einer verfehlten Entnazifizierungspraxis3, so gilt unsere Aufmerksamkeit
einer heute weithin vergessenen Person der Zeitgeschichte, deren Lebensschicksal
in mancher Hinsicht mit der Ottenau und ihrer Nachbarschaftsregion
Elsaß verbunden ist. Artur Dinter (1876—1948) zählt nämlich zu den
eifrigsten und erfolgreichsten Propagandisten des Antisemitismus — seine
unter dem Titel ,,Die Sünden wider die Zeit" erschienene Romantrilogie,
bestehend aus den Bänden ,,Die Sünde wider das Blut" (1917), „Die Sünde
wider den Geist" (1921) und ,,Die Sünde wider die Liebe" (1922), gehören
zusammen mit Grimms „Volk ohne Raum" und Buttes „Wiltfeber" ihrer
politischen Programmatik nach zu jener völkisch-nationalistischen und tendenziell
rassistischen Literatur, die in einem unmittelbaren Vörläuferver-
hältnis zum Nationalsozialismus steht.4 Insbesondere der erfolgreichste
dieser drei Bände, „Die Sünde wider das Blut", Kernstück der Dinterschen
Antisemitismus-Publizistik, bildet mit seinen immensen Auflagen5 die
Grundlage von Dinters Massenwirksamkeit, weshalb an dieser Stelle vornehmlich
an seinem Beispiel auf Vorstellungswelt und Werk Dinters näher
eingegangen werden soll.

Zunächst einige Angaben zu Person, ideellem Umfeld und politischer Biographie
Dinters.6

Dinter, ältestes von sechs Kindern eines nach der Reichsgründung ins Elsaß
versetzten preußischen Zollbeamten schlesischer Abkunft, wurde am
27. Juni 1876 in Mülhausen/Elsaß geboren. Prägend wirkte sich auf Dinters
Persönlichkeit eine strenge katholische Erziehung aus; sie konnte indes
nicht jene geistige Krise verhindern, die Dinter noch vor dem Abitur seinem
Glauben entfremdete und ihn in der Idee einer charakterbildenden
Wissenschaft einen vorläufigen Ersatz finden ließ. Literarischen Ausdruck
fand diese Orientierungskrise in einem Roman mit dem sprechenden Titel
„Jugenddrängen", den Dinter 21jährig 1897 veröffentlichte. Sein insgesamt
18 Semester währendes naturwissenschaftliches Studium in München und
Straßburg beschloß er im Jahre 1903 mit der Promotion zum Dr. phil. in
Chemie, Physik und Geologie (sämtlich summa cum laude) und mit dem
Staatsexamen in den Fächern Chemie, Physik, Mineralogie, Geologie, Botanik
und Zoologie (alle cum laude). Einer kurzen Anstellung an höheren
Schulen des Elsaß — so in Straßburg und Rappoltsweiler — folgte seine Ernennung
zum Direktor der botanischen Schulgärten Straßburgs; 1904 lehrte
Dinter kurze Zeit an der Deutschen Schule in Konstantinopel.

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