http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0615
Hauptstraße 9 - von 1937 bis zu seinem Tode Dimers Wohnsitz in Zell am
Harmersbach Aufrahme: Stadtverwaltung Zell a. H.
Tatsächlich jedoch wären die Absichten und Ziele Dinters am ehesten mit
einer Art schärfster Apartheid-Politik62 zu charakterisieren. Die einschlägigen
Gesetzesvorlagen, die Dinter seit 1926 im Thüringer Landtag einzubringen
versucht hatte, umfaßten u.a. den Ausschluß von Juden aus dem
Lehrer-, Arzt- und Richterberuf, das Verbot des Besuchs öffentlicher Schulen
und Universitäten durch jüdische Schüler(innen) und Student(inn)en,
die Ausweisung der Ostjuden und die Beschlagnahme ihres Vermögens
sowie die Sperrung der gesetzlich festgelegten staatlichen Zuschüsse
an jüdische Kultureinrichtungen.63 Damit hatte Dinter den Ungeist der
Nürnberger Rassengesetze von 1935 um beinahe ein Jahrzehnt vorweggenommen
.
Daß Dinter den Nationalsozialisten diese ,,letzte Gefolgschaft" in Sachen
Auslöschung der jüdischen Bevölkerung nun verweigerte — wovon freilich
längst nichts mehr abhing —, diente ihm nach 1945 als Rechtfertigung gegenüber
Vorwürfen, mitschuldig zu sein am Verbrechen des millionenfachen
Mordes an den Juden. Stattdessen wähnte sich Dinter auf Grund seines
Parteiausschlusses, der Schließung seiner Volkskirche und seines Publikationsverbots
selbst als Opfer des Nationalsozialismus, was ihm umso leich-
615
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0615