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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 632
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„Machtergreifung" für eben dieses Opfer eigener und fremder Gewaltbereitschaft
ein kostenloses Grab zur Verfügung gestellt werden mußte; die
Benennung eines Platzes nach seinem Namen verstand sich fast von
selbst.82 Die NSDAP erreichte bei dieser Wahl ein weit besseres Ergebnis
in der Stadt als in Reich und Land: Der Höhepunkt war mit 47 % der Stimmen
erreicht83, wie sich schon bei der nächsten Wahl herausstellen sollte.
Am 6. November waren die Stimmenverluste der Lahrer Nationalsozialisten
ungleich höher: 11,1 % weniger Stimmen bedeuteten, daß die Ortsgruppe
Lahr sich mit dem gleichen Ergebnis wie die Partei im Reich zufrieden
geben mußte (35,9%).84

Das Wahlergebnis blieb offenbar ohne Wirkung auf die Parteipresse. Sie
verwies auf das Ansteigen der „bolschewistischen Gefahr" und forderte das
Kanzleramt für Hitler.85 Aber an der „Basis" gärte es. Der Rücktritt Gregor
Strassers am 9. Dezember 1932, der ausbleibende Erfolg und die damit
verbundene Erschütterung des Hitlermythos machte es der Parteileitung
schwer, ihre Mitglieder bei der Stange zu halten.86 Strasser-Anhänger und
allgemein unzufriedene NS-Mitglieder begannen im ganzen Reich Oppositionsgruppen
zu bilden.87 In Lahr war diese Opposition besonders stark.

Um Karl Lenz, Reichstagsabgeordneter und Gauleiter von Hessen-
Darmstadt, und Felix Wankel, Ingenieur, ehemaliger Kreisleiter von Mannheim
(seit dem 20. Oktober 1932 ausgeschlossen) bildete sich die ,,Lahrer
Notgemeinschaft",88 Die über den Bereich Lahrs hinaus wirkende „Notgemeinschaft
" brachte ein eigenes Blatt heraus, die Alemannischen Grenzlandnachrichten
(Algrena). In den Algrena-Arüke\n von Lenz wird deutlich
, daß diese Opposition sich keineswegs vom Nationalsozialismus oder
gar Hitler distanzierte. Man behauptete im Gegenteil, „der wahre Träger
der Hitler-Idee" zu sein. Der „Führer" selbst, so Lenz in einem Artikel
der letzten Ausgabe der Algrena vom 24. Dezember 1932, stünde zu sehr
unter dem Einfluß der Parteibonzen, die den Byzantinismus so weit trieben,
daß sie es nicht mehr wagten, ihm über die allgemeine Lage der Partei „reinen
Wein einzuschenken".89 Ausdrücklich sprach die NS-Presse dieser
Gruppierung jede Zugehörigkeit zur NSDAP ab und suchte sie tot zu
schweigen.90 Die „Rebellen" konnten jedoch einigen Zulauf verzeichnen,
so daß der Lahrer Anzeiger glaubte, daß „der Zerfall der nationalsozialistischen
Partei schon in .. . greifbare Nähe gerückt" sei.91 Es ist müßig, darüber
Spekulationen anzustellen, ob dieser Zerfall ohne Hitlers Ernennung
zum Reichskanzler eingetreten wäre. Die Nationalsozialisten nahmen die
„Notgemeinschaft" jedenfalls ernst. Hetzel bemerkt, daß nach der „großen
Revolte", in deren Verlauf der Lahrer NSDAP nur noch SS und Frauenschaft
verblieben, der damalige Bezirksleiter Karl Gärtner, ein Lehrer in
Meißenheim, die „Ruine [d.h. die Ortsgruppe], übernehmen mußte.92

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