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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 650
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Schweigsamkeit der Bevölkerung gegenüber Kriegsgefangenen sind nicht
nur eine unbedingte Forderung der Spionage- und Sabotage-Abwehr, sondern
auch der nationalen Würde. Es entspricht nicht deutscher Ritterlichkeit
, dem wehrlos gewordenen Feind ohne zwingende Notwendigkeit
Gewalt anzutun. Ebensowenig sind aber übertriebenes Mitleid und Entgegenkommen
am Platze. Kriegsgefangenen gegenüber ist daher jener zurückhaltende
Stolz an den Tag zu legen, der dem gesunden Volksempfinden
entspricht. Jeder, der mit Kriegsgefangenen zu tun hat, beherzige deshalb:
Feind bleibt Feind!"19

Ein Dreivierteljahr später hatten sich die Akzente verschoben, nun forderte
die Presse vor allem die Frauen auf, sich auf keinen Fall mit Kriegsgefangenen
einzulassen: ,,Ganz verwerflich ist es, wenn deutsche Mädchen und
Frauen mit Kriegsgefangenen in nähere Beziehungen treten. Wie sollen solche
Frauen einmal unseren Soldaten gegenübertreten, die an den Fronten
täglich und stündlich gegen unsere Feinde kämpfen?"20 Denn inzwischen
hatte sich gezeigt, daß die Wehrkraftschutzverordnung sich fast ausschließlich
gegen deutsche Frauen richtete, wie der SD im Januar 1942 feststellte:
„Aus allen Teilen des Reiches liegen zahlreiche Meldungen vor, aus denen
hervorgeht, daß durch den Millioneneinsatz fremdvölkischer Arbeiter im
Reich der Geschlechtsverkehr mit deutschen Frauen ständig zunimmt. Die
Stimmung in der Bevölkerung werde durch diese Tatsache nicht unwesentlich
im negativen Sinne beeinträchtigt. Schon heute schätze man in maßgeblichen
Kreisen allein die Zahl der von Fremdvölkischen mit deutschen
Frauen gezeugten unehelichen Kinder auf mindestens 20000. Durch die
Einziehung vieler Millionen deutscher Männer zum Wehrdienst, durch das
Fehlen eines generellen Verbotes des Geschlechtsverkehrs für Ausländer
und durch die Hereinnahme weiterer fremdvölkischer Arbeiter würden die
Gefahren der blutlichen Unterwanderung des deutschen Volkes immer
größer."21

Diese Zahl war sicher mit Absicht übertrieben, aber damit ließ sich natürlich
eine härtere Gangart gegen verbotene Beziehungen begründen. Das
Thema kehrte in den SD-Berichten ständig wieder. Im Dezember 1943 stellten
sie fest, daß vor allem auf dem Land ,,das strikte Verbot des Umgangs
mit Kriegsgefangenen von der Bevölkerung ,innerlich nie akzeptiert' worden
sei. Die vielen Volksgenossen noch fehlende völkische Disziplin, das
Fehlen einer generationenlangen Erziehung im Umgang mit Angehörigen
fremden Volkstums, die Achtung und Wertschätzung des Fremden, die dem
Deutschen eigentümlich ist, wirkten sich stärker aus als die akute Aufklärung
."22

Daß das nicht allein zweckdienliche Behauptungen waren, bewiesen die zunehmenden
Verhaftungen und Verurteilungen wegen verbotenen Umgangs
mit Kriegsgefangenen. 1940 waren 1909 Personen verurteilt worden. 1941
bereits 4345, und 1942 hatte sich die Zahl der Verurteilungen auf 7974 er-

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