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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 654
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den, daß sie verpflichtet war, in räumlich enger Nähe mit dem Kriegsgefangenen
D. zu arbeiten und daß diese Tatsache dazu geführt hat, daß sie sich
zu dem Kriegsgefangenen D. hingezogen fühlte. Es mußte zu ihren Gunsten
weiter berücksichtigt werden, daß es nach der Überzeugung des Gerichts
seitens der Betriebsleitung bei der Firma P. unterlassen wurde, wiederholt
mit aller Schärfe darauf hinzuweisen, daß der Verkehr mit Kriegsgefangenen
, soweit er sich nicht auf das Notwendigste, das die Arbeit erfordert,
beschränkt, verboten ist. Dies wäre insbesondere in Hinblick auf die Jugendlichkeit
der Angeklagten und ihrer Mitarbeiterinnen erforderlich gewesen
. Ein besonders schwerer Fall kann bei dieser Sachlage nicht als gegeben
angenommen werden. Eine Gefängnisstrafe von sechs Wochen wurde als eine
angemessene Sühne erachtet. Da die Angeklagte von Anfang an geständig
war, erschien es angebracht, ihr die seit 11. August 1942 erlittene
Schutz- und Untersuchungshaft in Höhe von einem Monat auf die Strafe anzurechnen
." Paula B. und ihre Mitangeklagten verbüßten ihre Strafe im
Offenburger Gerichtsgefängnis, sämtliche Anträge auf vorzeitige Haftentlassung
wurden abgelehnt. Die Straftilgungskommission beim Amtsgericht
Freiburg ordnete im März 1946 die Tilgung aller Urteile an, aber erst im
Herbst 1947 löschte die Strafkammer des Landgerichts Offenburg sie aus
dem Strafregister.

. . .als deutsche Frau so ehrlos, sich mir einem polnischen Kriegsgefangenen
einzulassen."

Am Morgen des 6. Mai 1940 wurde in S. eine junge Frau auf dem Weg von
ihrer Wohnung zum Rathaus, wohin die Geheime Staatspolizei sie zur Vernehmung
bestellt hatte, von mehreren jungen Männern angefallen. Sie hielten
sie fest und hatten sie nach wenigen Sekunden kahlgeschoren. Die
Mißhandelte hieß Gisela R., war 27 Jahre alt, ledig, und von Beruf Kindergärtnerin
. Die Täter waren ihr unbekannt. Unter dem Johlen der Schaulustigen
, die sich inzwischen eingefunden hatten, führte ein Mann sie zum
Eingang des Rathauses.

Dort erwartete sie Kriminalassistent Linner von der Gestapo-Außenstelle
Offenburg. Zur gleichen Zeit waren mehrere Zeugen vorgeladen, darunter
der Landwirt Hubert S., der sie angezeigt hatte. Das Verhör dauerte bis halb
zwei Uhr nachmittags. Erst bei der Vernehmung durch Linner wurde sich
Frau R. darüber klar, daß sie sich eines Vergehens schuldig gemacht hatte,
für das sie zu einer längeren Gefängnis- oder gar Zuchthausstrafe verurteilt
werden konnte. Im April war ihr ein junger polnischer Kriegsgefangener
aufgefallen, der in einer Gärtnerei arbeitete. Da er ihr gefiel, hatte sie seine
Nähe gesucht, so oft es sich unauffällig einrichten ließ, und gelegentlich
auch einige Worte mit ihm gewechselt, wenn sie in die Gärtnerei kam, um
Blumen zu kaufen. Einmal hatte sie ihm unterwegs einen kleinen Zettel zugeworfen
, auf dem ihre postlagernde Anschrift stand.

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