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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 661
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kannt, ihm zuwidergehandelt und insofern einen erheblichen Nachteil herbeigeführt
, als er die Würde des deutschen Volkes verletzt hat. Bei der
Strafzumessung war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, daß
die Frau H., wie sie in der Hauptverhandlung jetzt zugegeben hat, ihm die
Annäherung nicht allzu schwer gemacht hat, und daß er ein guter Arbeiter
war. Zu seinen Ungunsten mußte berücksichtigt werden, daß er seine Tat
nicht eingestanden hat."35

Drei Jahre Gefängnis war das übliche Urteil, wenn nicht besondere
Milderungs- oder Erschwerungsumstände hinzukamen.36 Ein Gefangener,
der sexuelle Beziehungen zu einer deutschen Frau unterhalten und ihr auch
bei der Abtreibung geholfen hatte, nachdem sie schwanger geworden war,
wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Dagegen wurde ein anderer, der
ein minderjähriges Mädchen geschwängert hatte, nur zu zwei Jahren Gefängnis
verurteilt, weil er als Lothringer beim Gericht im Vorteil war: ,,Er
selbst ist ernstlich entschlossen, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben
. Er macht auch rassisch einen guten Eindruck. Schließlich hat der Angeklagte
sofort ein reuiges Geständnis abgelegt und stand zu seiner Tat."37
Die Gefängnisstrafe lief darauf hinaus, daß die Kriegsgefangenen einem
Straf-Arbeitskommando zugewiesen wurden, wie Pierre G., der im Frühjahr
1943 nach „Ostpreußen zum Arbeiten" kam, wie der Wachmann seiner
Freundin nach der Verhandlung in Baden-Baden mitteilte.38

Tödlich war dagegen für polnische Kriegsgefangene die Liebe zu einer deutschen
Frau. Rolf Hochhuth machte die tragische Geschichte einer Soldatenfrau
aus Brombach und eines polnischen Kriegsgefangenen schon in den
Siebzigerjahren einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Als er in Brombach
recherchierte, fragte ihn der ehemalige Polizei-Wachtmeister, der den Polen
verhaftet hatte, warum er ausgerechnet nach Brombach komme, solche Geschichten
seien doch allerwärts passiert, in Grenzach, im Wehratal.39

Hochhuths exemplarische Darstellung des faschistischen Terrors gegen unerwünschte
Liebesbeziehungen war in der Tat keine Ausnahme, ähnliche
Fälle ereigneten sich überall, auch in der Ortenau: „Heute wurde bei den
Haslacher Schießständen im Bächlewald, aber auf Hofstetter Gemarkung,
ein in Hofstetten in Arbeit befindlicher Pole durch den Strang hingerichtet.
Ortsgruppenleiter der N.S.D.A.P Haslach verlas das Urteil. Zur Vollstreckung
wurden zwei Polen, welche wegen irgendeines Vergehens Gefängnis
abzubüßen haben, mit Auto unter Polizeiaufsicht herbeigeführt.
Sämtliche Polen, die in Haslach und Umgebung in Arbeit stehen, mußten
der Hinrichtung anwohnen. Der Verurteilte hatte mit einer Frau, deren
Mann sich im Krieg befindet, sträflichen geschlechtlichen Umgang gepflogen
."40 Diese Episode notierte am 24. November 1942 Wilhelm Engelberg
aus Haslach im Kinzigtal in sein Tagebuch. In Offenburg ließ die Gestapo
im Herbst 1944 zwei Polen — wohl ebenfalls durch Landsleute — hängen.

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