Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 125
(PDF, 105 MB)
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angelangt, krachte ein Schuß und streckte den Burschen nieder. Auch den
Nachfolgenden erging es nicht besser. Bald häuften sich die Leichen in dem
niederen Kellergang.

Berauscht von seinem Siege und dem im Übermaß getrunkenen Wein
schwang sich der Schloßherr auf das größte Faß und schrie: „Sie sollen nur
kommen, die Halunken. Alle werde ich mir holen. Ich bin der Satan! Ja, der
bin ich!" Bei diesen Worten verlor er das Gleichgewicht, rutschte vom Faß
und brach sich das Genick. Der junge Grimmelshausen, der herbeistürzte,
konnte im Kerzenschein nur noch in die gebrochenen Augen eines Toten
blicken. Plötzlich erschütterte eine Sprengung das ganze Gebäude. Unter
furchtbarem Getöse polterten Steine nieder und versperrten den Kellereingang
.

Der junge Schaffner war eingeschlossen. Vergebens suchte er sich zu befreien
. Vor Hunger erschöpft, sank er in einen todähnlichen Schlaf. Erst
nach drei Tagen gruben ihn ein paar Getreue aus den Trümmern und brachten
ihn nach Tiergarten, wo er unter der Fürsorge des Schloßfräuleins bald
wieder zu Kräften kam. Der erste Gang sollte die Wiedervereinten zu der
Ulmburg führen. Doch unterwegs warnte sie ein Bursche: „Geht nicht hinauf
, der alte Kiefer ist nicht tot. Er sitzt auf einem Weinfaß und schreit: „Ich
bin der Teufel!"

Nicht lange, da wurden der junge Grimmelshausen und das Schloßfräulein
ein glückliches Paar. Einer ihrer Urenkel ließ die letzten Reste der Ulmburg
abbrechen und mit den Steinen einen am Burghügel angelegten Rebberg
befestigen. Dort wächst heute noch ein besonders feuriger Wein, an dem
der alte Dr. Kiefer seine Freude gehabt hätte.

Großzügig genug für eine Sage geht man da mit der Historie um. Es gab
weder einen Krieg am Oberrhein als Grimmelshausen, von 1662 bis 1665
Schaffner und Burgvogt Johann Küffers auf der Ullenburg bei Tiergarten
war, noch ist etwas davon bekannt, daß irgendeines der zahlreichen Kinder
Grimmelshausens je mit der Ullenburg zu tun hatte. So stimmt auch das Altersverhältnis
zwischen beiden, Dr. Küffer und dem nur etwa acht Jahre
jüngeren Grimmelshausen, nicht.

Max Rieple, der in seinem Band ,Sagen und Schwänke vom Oberrhein'1
die Erzählung so zum Druck gebracht hat, verweist auf eine ältere Quelle,
auf Johannes Künzigs ,Schwarzwald Sagen', Jena 1930. Seltsam, daß man
auch beim zweiten Durchgang dieser (etwas unübersichtlich angelegten)
Sammlung keine derartige Erzählung von der Ullenburg finden kann. Dagegen
findet sie sich bei Wilhelm Straub: Sagen des Schwarzwaldes, Bühl
1956 (S. 86-89). Ältere Sagensammlungen, etwa die von August Schnez-
ler: Badisches Sagenbuch, Karlsruhe 1846, die den Grundfundus aller badi-

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