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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 220
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Angesichts solcher Reaktionen, die man in diesem Umfange nicht erwartet
hatte, stimmten der Kanzler Friedrich von Müller und der Minister Johann
Wolfgang von Goethe nach einem Gespräch in ihren Ansichten überein:
„Man hätte Oken das Gehalt lassen sollen, aber ihn exilieren müssen"49.

Prioritätenstreit

Die Rivalitäten zwischen Goethe und Oken, die von Anfang an bestanden,
führten zu neuen Auseinandersetzungen.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein galt das „Fehlen" des Zwischenkieferknochens
beim Menschen als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum Tier.
1784 stellte Goethe das Vorhandensein dieses Knöchleins auch beim Menschen
fest.

Johann Gottfried Herder, gerade mit seinen „Ideen zur Philosophie der Geschichte
der Menschheit" befaßt, erfuhr am 27. März 1784 als erster von
dieser Entdeckung:

„Nach Anleitung des Evangelii muß ich dich auf das eiligste mit einem
Glücke bekannt machen, das mir zugestoßen ist. Ich habe gefunden - weder
Gold noch Silber, aber was mir eine unsägliche Freude macht - das os inter-
maxillare am Menschen!

Ich verglich mit Lodern Menschen- und Tierschädel, kam auf die Spur und
siehe da ist es. Nur bitt' ich dich, laß dich nichts merken, denn es muß geheim
behandelt werden. Es soll dich auch recht herzlich freuen, denn es ist wie der
Schlußstein zum Menschen, fehlt nicht, ist auch da! Aber wie! Ich habe mirs
auch in Verbindung mit deinem Ganzen gedacht, wie schön es da wird ..."50

Am gleichen Tage schrieb er an Charlotte von Stein:

..... Es ist mir ein köstliches Vergnügen geworden, ich habe eine anatomische
Entdeckung gemacht, die wichtig und schön ist. Du sollst auch dein
Theil daran haben. Sage aber niemand ein Wort. Herdern kündigets auch ein
Brief unter dem Siegel der Verschwiegenheit an. Ich habe eine solche Freude
, daß sich mir alle Eingeweide bewegen ,.."51

Aus heutiger Sicht ist das Aufspüren dieses kleinen paarig angelegten Zwischenknochens
, der so fest im Oberkiefer verankert ist, daß man ihn nicht
mehr sieht, bedeutungslos, aber in der damaligen Zeit war die Entdeckung
bemerkenswert, weil nun eine bis dahin gültige Lehrmeinung korrigiert
werden mußte.

Der Göttinger Anatom, Prof. Dr. Blumenbach, vertrat den Standpunkt, daß
nur das Tier einen Zwischenkiefer, ein „Os intermaxillare", habe, dieser

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