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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 315
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Die Flucht der Mutter

Else Eisner wurde im Mai 1933 in Peterzell verhaftet und nach Donaueschingen
gebracht. Man legte ihr nahe, außer Landes zu gehen61. In der
Schweiz hatte sie Verwandte und kannte sich aus, sie war ja dort geboren
und aufgewachsen. Sie lebte nun mit Leiser einige Jahre in Genf.

Im Oktober 1933 lud sie Ruth ein. Es gab die Hoffnung, das Studium hier
weiterzuführen. Ruth erhielt in Genf zwar die Zulassung zum Studium,
konnte aber wegen Geldmangels nicht lange studieren. Im November 1934
wurde sie nach kurzer Haft des Landes verwiesen, als ihre politische Einstellung
bekannt geworden war. Als „Tochter des Ministerpräsidenten eines
Landes, das größer ist als die Schweiz" wurde ihr jedoch die Wahl des Zieles
Uberlassen. Sie gab vor, nach Frankreich zu reisen, überschritt aber in
Konstanz die Grenze ins Reich - im Wirkungsgebiet des Zeitungsschmugglers
Joseph Belli unter Bismarck. Nach einem kurzen Aufenthalt in Tuttlingen
reiste sie nach Mosigkau. Dort, in der Heimat ihres Mannes in Sachsen-
Anhalt, traf sie auf dem Rathaus einen Österreicher. Zuhause habe sie
geübt, den Arm hochzureißen, um dann von diesem Österreicher bei
der polizeilichen Anmeldung akzeptiert zu werden. Auf seine Frage nach
dem Aufenthalt seit der letzten Abmeldung (in Berlin) antwortete sie „auf
Reisen"62.

Sie überlebte dort. Zwei Söhne wurden 1935 und 1940 geboren, ihr Mann
war nach dem 20. Juli (1944) verhaftet - was für Risiken. Wie viele Möglichkeiten
, daß ein aufmerksamer Volksgenosse eine Meldung macht: Geburtsname
Eisner - Novemberverbrecher - der wird doch erwähnt in „Mein
Kampf. War sie doch die Tochter eines der größten Feinde Hitlers, der
häufig auch deren Familienmitglieder einsperren, ausbürgern oder anders
schädigen ließ63. Nach der Machtübernahme wurden einige Verwandte Kurt
Eisners eingesperrt. Sein Sohn Hans Kurt aus erster Ehe war ab 1933 in
mehreren Konzentrationslagern, u. a. 1936 im KZ Esterwegen64. Im KZ
Dachau wurde er gezwungen, an die Emigrantenzeitung „NEUER VORWÄRTS
" zu schreiben, draußen solle die „Greuelhetze" über die Konzentrationslager
eingestellt werden, „da die Juden in Dachau als Rassegenossen
hierfür verantwortlich gemacht werden. Kurt Eisner"65. Hans Kurt Eisner
wurde im KZ Buchenwald auf dem Appellplatz vor den Gefangenen erhängt
. „Dreimal zog man ihn rauf und runter"66.

Am 11.3.35 schrieb Else Eisner aus Genf an Freia. Beim „Blick auf den
Jura" aus dem 7. Stock ließ sie sich über „die dumme Entwicklung von
Ruth" aus und zeigte ihre Abneigung gegen deren Mann67. Sie machte sich
aber Sorgen um sie, etwa im Brief vom 24.12.35: „... seit meinem Geburts-

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