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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 389
(PDF, 105 MB)
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Vorstellungen werden mit diesem Bild faßbar und anschaulich gemacht.
Eine besondere Rolle kommt hier dem Licht zu, das von der linken Seite
her in den Chorraum fällt - von Norden, wo natürlicherweise die Sonne
nie steht. Es fließt demnach nicht Sonnenlicht in den Raum, sondern
himmlisches Licht. Ein anderes Bild van Eycks zum selben Thema bestätigt
diese Deutung mit einer Inschrift auf dem Rahmen, die vom Licht
der göttlichen Weisheit handelt67.

Die dargestellte Kathedrale weist übrigens sehr große Ähnlichkeiten mit
dem Straßburger Münster auf. Maria steht außerdem genau an der Stelle, an
der sich seit 1316 die Marienkapelle im Münster befand, am zweiten Pfeiler
des Langhauses! Das kann nun einmal tatsächlich eine Wiedergabe des
Straßburger Münsters sein, kann aber auch wirklich Zufall sein - oder ist es
allgemeiner die Illustration eines theologischen Dogmas vom realen Ort
Mariens in der Kirche, verbirgt sich dahinter eine im theologischen Denken
des 14. Jh. gültige Lokalisierung der Gottesmutter und -braut im Kirchenraum
? Sie steht bei van Eyck natürlich auch auf der traditionell „guten"
Kirchenseite, der Frauenseite, der rechten vom Altar aus gesehen.

Festgehalten werden darf aber immerhin, daß Kirche generell mit Maria
gleichgesetzt wurde, daß das Straßburger Münster Maria geweiht ist, daß in
ihm eine Marienskulptur oder ein Marienbild in einer Kapelle verehrt wurde
und diese Marienkapelle befand sich zwei Pfeiler neben der Kanzel. Sie
könnte eventuell vom grünen Strahl berührt worden sein, der in einem Abstand
von 5-6 m um die Kanzel wandert.

Doch ist eine solche Beleuchtung eines Kultobjektes überhaupt notwendig,
reicht nicht die erstaunliche Tatsache des Lichtstrahles in der Kathedrale
schon aus, um etwas Besonderes auszudrücken, was die Menschen im 13.
Jahrhundert sofort verstanden?

Maria in der kirchlichen Ideologie

Georges Duby hat in seinem epochalen Werk „Die Zeit der Kathedralen" den
Hintergrund dieser Bauwerke auf vielfältige und differenzierte Weise dargestellt
. Er hat auch den Zusammenhang zwischen der zunehmenden Darstellung
Mariens in der Kathedrale und der theologischen Situation während der
Gotik herausgearbeitet. Duby soll hier kurz gefolgt werden: Entgegen der
Volksmeinung stellten sich die Theologen Christus nicht als nacktes armes
Kind in der Wiege vor, sondern als König, als Herrscher der Welt. Maria als
seine Mutter, aber auch als seine Braut, als Frau und Kirche, rückte aus bestimmten
Gründen neben das Bild Jesu ins Zentrum der Theologie: Maria

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