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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 511
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licht bleibt das „Unkaufmännische Memorial", vier handschriftliche
Bücher, in denen der Schriftsteller von 1880 bis an sein Lebensende Erinnerungen
und Zeitbetrachtungen bunt untermischt festgehalten hat27.

Biedermeier

Ludwig Eichrodt war es, der einer ganzen Epoche den Namen Biedermeier
aufgeprägt hat. Hinter diesem Kennwort stand als unfreiwilliger Urheber
der Dorf Schulmeister Samuel Friedrich Sauter (1766-1846) in Flehingen.
Schlecht und recht suchte der, in dem Kraichgaudorf seine Frau nebst sieben
Kindern mit dem kargen Lehrersgehalt durchzubringen28. Seine Liebhaberei
während der freien Zeit war das Dichten. Den Alltag des ländlichen
Lebens vom Wiegenlied über Wirtshaustanz, Großherzogsbesuch und Auswandererklage
, Richtfest und Eheglück bis hin zu Schadensfeuer und Beerdigung
, dazu eine Reihe von Volks- und Kirchenliedern, hat Sauter in Versform
gegossen. Eine schlichte, gemütvolle Heimatpoesie ist es, öfter ins
Triviale abgleitend, manchmal sich zu künstlerischem Niveau aufschwingend
. Zu den herausragenden Gedichten zählt der Wachtelschlag, von Ludwig
van Beethoven wie Franz Schubert vertont. Ein bekanntes Beispiel für
Sauters urwüchsigen, verschmitzten Humor bildet das Kartoffellied, wo er
in 29 Strophen den ersten Import dieses Gewächses durch den britischen
Weltreisenden Drake verherrlicht: „Europa sollte diesem Mann auf allen
seinen Auen, wo es nur je Kartoffel pflanzt, ein goldnes Denkmal bauen."
Der Flehinger Versemacher ist von heiter-bescheidener Natur, der Gestalt
von Jean Pauls vergnügtem Schulmeisterlein Wuz verwandt. Sauter hatte
bereits im Jahre 1811 einen Strauß von 50 Liedern und Gedichten in Buchform
der Leserschaft übergeben. Auf Drängen und mit Hilfe von Freunden
ließ er 1845 einen beträchtlich erweiterten Sammelband mit 350 Beiträgen
folgen, darunter allerdings auch Lob- und Antwortreime aus fremder Feder.
Der Titel der 477 Seiten starken Schrift lautete: „Die sämmtlichen Gedichte
des alten Dorfschulmeisters Samuel Friedrich Sauter, welcher anfänglich in
Flehingen, dann in Zaisenhausen war und als Pensionär wieder in Rehingen
wohnt. Mit zwei Abbildungen. Auf Kosten des Verfassers. Karlsruhe,
in Commission bei Creuzbauer und Hasper"29.

Einige Jahre später stößt der Arzt Adolf Kußmaul, ein Studienkollege
Eichrodts aus der Heidelberger Zeit, im Hause von Karlsruher Bekannten
zufällig auf das Opus Sauters. In seinen Erinnerungen erzählt Kußmaul,
wie er den Gedichtband mit unbeschreiblichem Vergnügen durchliest. In
den Versen entdeckt er einen bislang ungehobenen Schatz eigenartiger Poesie
. „Die Gedichte waren meist ganz ernst gemeint und nicht auf Erregung
der Lachmuskeln berechnet; aber gerade weil sie diese unbeabsichtigte

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