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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 245
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konkordanz Testamentserleutterungni waren. In der Vorrede129 dieses 830
Seiten starken Werkes - verfaßt wahrscheinlich vor 1547 - gibt Marpeck
selbst zu verstehen, daß er diese enorme Arbeit nicht allein, sondern in Zusammenarbeit
mit Freunden aus seinem Kreis bewältigt hat. Es ist aufgrund
Boschs großer Schriftkompetenz nicht unwahrscheinlich, auch in
ihm einen Mitbeteiligten an der Abfassung der Testamentserleutterung zu
sehen130. Die Tatsache einer ungewöhnlich intensiven Schriftkenntnis
Sigmund Boschs bleibt aber auch ohne die letztgültige Verifizierung dieser
Hypothese unveränderlich.

2. „Das Stündchen ist bald gloffen auß": Endzeitgdanken

Einen der beachtenswertesten Punkte in der Gedankenwelt Boschs wird
man in seinen Aussagen zur Eschatologie, zu den sogenannten „Letzten
Dingen" sehen müssen. Wie die meisten seiner Zeitgenossen131 war auch
er der felsenfesten Überzeugung, daß es mit der Welt in naher Zukunft zu-
ende gehen werde und der sündigen Menschheit das Jüngste Gericht alsbald
bevorstehe. Gerade innerhalb der Täuferbewegung waren solche Gedanken
apokalyptischer Natur außerordentlich stark vertreten und allgegenwärtig132
. Hierbei herrschte allerdings eine große Divergenz in den
praktischen Auswirkungen dieser Theorien, die von gewaltbereitem Vorgehen
gegen die angeblichen Falschgläubigen bis hin zum radikalen Rückzug
aus der weltlichen Gesellschaft reichte. Vor allem die Zeiten der Verfolgungen
ließen die eschatologische Spannung ansteigen und intensivierten
die brennende Erwartung des nahen Endes. Hans Hut (gest. 1527) und
Melchior Hoffmann, der ja von 1533 bis 1543 im Straßburger Gefängnis
lag, waren die bedeutendsten Vorreiter täuferischer Apokalyptik.

Auch Sigmund Bosch war tiefgreifend von diesen Vorstellungen erfüllt.
„Bald, bald wirt er komen!"m rief er seinen mährischen Glaubensbrüdern
im Stil der Offenbarungen des Johannes zu - und meinte damit den
schrecklichen Tag der endgültigen Parusie und des Letzten Gerichts. Aus
einer Vielzahl von Textabschnitten in den Briefen und Liedern spricht die
Überzeugung, daß das Ende nicht mehr lange auf sich warten lasse; man
lebte nur noch in den „letzten Stunden"m. Vor allem: Das Gericht Jesu am
Ende der Zeiten würde fürchterlich sein:

„Der edell Fürst, von dem ich sag/daß ist der Herr an seinem tag/dem Niemand
mag entrinnen/Dem Kaiser, König, Churfürst vnd Herr/Bürgermeister/Ratli/auch
all ihr gesperr/mir grossen vnd mit kleinen/Im feldt wirt er sein zellt
aufschlagen/die plutthünd wirdt er all verjagen/das Blutt wirt er nit lassen/Da wirt
sich erheben grosse nott/ihr Pflaster wirt von plut so rott/daß sie haben
vergoßen"li5

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