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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 315
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Weise" - im Klartext: Er mißhandelte Schulkinder auf kriminelle Art und
Weise52. Auch der Haslacher „Prügelmeister" Mathias Rösch wurde von
der Schulbehörde wegen Überschreitung des Züchtigungsrechtes zur Rechenschaft
gezogen53.

Die Nußbacher Unterlehrer Emil Pflugg und Ludwig Strittmatter wurden
aus dem Schuldienst entlassen, „weil sie im Zustand der Trunkenheit sich
gegenseitig herumschlugen und der erstere die Nacht im Bürgerarreste verbringen
mußte"54. Auch den Griff zur Flasche wird man in heutiger Perspektive
weniger als moralisches Versagen denn als Ausdruck pädagogischen
Elendsalkoholismus gewertet sehen müssen.

4. Vom Zwang, eine Respektsperson zu sein: Die Rolle des Lehrers im
Dorf

Die Bewohner des Dorfes waren früher durch verwandtschaftliche Beziehungen
, durch wirtschaftliche Verflechtungen, Sitte, Brauch und Sprache
eng miteinander verbunden55. Alle privaten Lebensäußerungen waren integriert
in den öffentlichen Raum, von der Wiege bis zur Bahre nahm die
Dorföffentlichkeit teil am individuellen Schicksal56. Das Dorf bildete den
Bereich des Vertrauten, das nach außen hin hermetisch seine Bewohner gegen
alles Fremde abschloß. Die universale Nähe bedingte eine universale
Kontrolle, die Zumutung von Rollen und den Druck, sich normengerecht
zu verhalten.

Der Dorfschullehrer, der in ein Dorf kam, war als „Fremder" zunächst
mißtrauisch beäugter Außenseiter. Seine regionale und soziale Herkunft
grenzte ihn zunächst aus; seine intellektuelle Arbeit wurde von einer bäuerlichen
Bevölkerung, die Arbeit als Handarbeit definierte, häufig geringgeschätzt
. Den Makel des Außenseitertums konnte ein Lehrer ein Leben
lang nicht ablegen; allerdings konnte er danach streben, zum akzeptierten
Außenseiter zu werden.

Das Sozialprestige des Lehrers hing von vielen Faktoren ab: von
seiner Besoldung, von seinen beruflichen Fähigkeiten und seiner menschlichen
Ausstrahlung, von der Erfüllung der Rolle, die in ihn projiziert
wurde, vom Stellenwert seiner pädagogischen Tätigkeit im öffentlichen
Bewußtsein und nicht zuletzt auch von seinen Fähigkeiten zur Integration
.

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