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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 65
(PDF, 127 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0065
Der „ Gute Ort" von Schmieheim

Von zweieinhalb Jahrhunderten jüdischer Vergangenheit in der Ortenau erzählen
die roten Grabsteine auf dem stillen, grasbewachsenen Schmiehei-
mer Friedhof am Ortsrand. 2356 Grabplätze erinnern an die Familien, die
in dieser und in sechs Verbandsgemeinden gelebt haben. Lange Mauern
bieten den Gräbern unter hohen, dunklen Bäumen Schutz. Wenn dieser
Platz, der Gute Ort und Haus des Lebens der Juden, Ziel einer Fahrt des
Arbeitskreises für Denkmalpflege im Historischen Verein für Mittelbaden
war, dann erfüllte sich eindringlich hier der eigentliche Sinn von „Denkmal
", nachzudenken über die Schicksale der Menschen, die hier lebten und
starben, und die der Verfolgten und ihren Tod in der Ferne.

Hierher kam der Sohn aus Israel und sprach das verspätete Kaddisch-Ge-
bet am Grab des Vaters. Ein Gedicht verfaßte in Tel-Aviv die Enkelin des
Landarztes Dr. Stern aus Kippenheim über ihre Begegnung mit dem Grabstein
seines früh verstorbenen Kindes. Sterbedaten und Todesorte mahnen.
Ganze Familien sind ausgelöscht, mit ihnen die Geschichte der Juden in
Baden. Hier läßt sie sich bis zum Beginn des 30jährigen Krieges zurückverfolgen
, der älteste Stein allerdings ist 1703 datiert. Eine neue Schmie-
heimer Generation, Schüler und Schülerinnen, haben die Grabsteine aufgenommen
, so daß die Schrift von Giora Bamberger in Jerusalem übersetzt
werden kann. Die Geschichte der hier bestatteten wurde geschrieben:
„Schicksal und Geschichte der jüdischen Gemeinden Euenheim, Altdorf,
Kippenheim, Schmieheim, Rust und Orschweier", von Bernhard Littenweiler
beim Historischen Verein herausgegeben.

Es ist auch die Geschichte der Anpassung, der Assimilation, der Emanzipation
, die an den Steinen abzulesen ist, sichtbare Übernahme barocker
Zierformen und Symbole, Verwendung des deutschen neben dem hebräischen
Alphabet, auch der christlichen Zeitrechnung, allgemeine Annahme
des Zeitstils. Doch es bleiben die traditionellen Symbole erhalten, der
Krug der Leviten, die segnenden Hände des Rabbi, das Widderhorn des
Schofarbläsers, die Thorarolle. Erst im 19. Jahrhundert erscheint der Davidstern
, erläuterte Bernhard Littenweiler.

Carl-Helmut Stechner

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