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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 373
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Urgicht (Bekenntnis), Urteil

Der Text aller Urgichte ist nach einem bestimmten Schema aufgebaut. Alle
Angeklagten gestehen weitgehend dieselben Verbrechen, auch wenn Einzelheiten
individuell ausgestaltet werden. Offensichtlich lag den Fragen,
die an die Delinquenten gestellt wurden, das Landrecht des Markgrafen
von Baden-Baden zugrunde49, auch wenn dies nirgendwo angemerkt wird.

Am Anfang der meisten Geständnisse steht die Teufelsbuhlschaft. Eine
Frau verläßt nach gewissen Unstimmigkeiten mit ihrem Mann oder im
Kummer über wirtschaftliche Schwierigkeiten das Haus, um auf dem
Zwiebelacker zu jetten, im Holzschuppen Wellen zu holen, im Kuhstall zu
melken; ein Mann macht Holz, hütet das Vieh, geht von der Wirtschaft
heim. In solch einer alltäglichen Situation begegnet ihnen der „böse
Feind", der Frau in Gestalt eines fremden Jünglings, eines Soldaten, auch
eines jungen Mannes aus dem Dorf, dem Mann als schönes Mädchen oder
als eine ihm bekannte Frau. Der Teufel verspricht der Frau ein schönes
Leben ohne Mühe und Arbeit, wenn sie „seinen Willen tue", d. h. wenn sie
mit ihm schläft. Nach kürzerem oder längerem Widerstand gibt die Frau
nach und erhält etwas Geld, das sich als wertlos herausstellt. Entsprechend
wird auch der Mann verführt, obwohl hier das Motiv der goldenen Zukunft
weitgehend fehlt. Das zweite Ansinnen des Bösen folgt rasch: Der Mensch
soll Gott und allen Heiligen abschwören. Ist auch das geschehen, verlangt
der Teufel, daß der so gewonnene Partner ihn in aller Form heiratet. Die
Hochzeit wird an einem entlegenen Ort gefeiert, in der Riethalde, in der
Dunderlache, in den wüsten Reben, unter dem Hochgericht und immer
wieder im Romanstal, dem heutigen Rumental.

Hinter den Erzählungen von der Liebschaft mit dem Bösen steckt eine tiefere
Bedeutung, als die Oberfläche sie zeigt. Die Richter wollen den Angeklagten
eine enge Verbindung mit dem Satan nachweisen50.

Wenn wir Geschlechtsverkehr, die Verleugnung Gottes und die Hochzeit
zusammennehmen, haben wir einen dreifach geschlossenen Pakt, der, anderweitig
mit Blut unterzeichnet, hier besiegelt wird durch die freiwillige
Hingabe, den Verzicht auf die christliche Gemeinschaft und durch einen
zeremoniellen Vollzug. Folgerichtig zieht der Buhle der Anna Hain nach
dem Beischlaf den Schluß, „sie sei nunmehr sein und müßte auch jetztund
seinem Willen leben"51.

Gerade der Hochzeitsfeier wird besonderes Gewicht beigelegt. In der Form
der kirchlichen Trauung werden die Frauen oder die Männer mit ihrem
Buhlen von einem schwarzen Mann oder einem andern bösen Geist in

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