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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 403
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Kömer klein und zusammengeschrumpft. Der Meltau verdarb auch die
Apfelernte. Mostbirnen gab es dagegen genug. Trotz ihrer geringen Qualität
wurden sie „reißend aufgekauft" (Most vor Brot?). Grundbirnen
wuchsen eine ziemliche Menge auf hohen Feldern. Auf niedrigen Äckern
gingen gar viele durch Wasser und Regen zugrunde. Viele Kartoffeln und
Stoppelrüben standen noch im Dezember auf den Äckern und erfroren.
Das Heu war ohne Nährstoffgehalt. Das Vieh litt sehr und hatte keine
Kraft. Der Bauer konnte nur ein Viertel (9 Ar) an einem Stück pflügen.
Zwetschgen gab es viele. Sie wurden von den Küfern zu hohen Preisen
aufgekauft, um daraus Schnaps zu brennen, „welcher wegen Mangel des
Weins sehr stark getrunken worden (ist)". Die Getreidepreise blieben nach
der Ernte trotz der schlechten Qualität hoch. Weizen: 20-22 Gulden, Korn
19 Gulden. Für Gerste wurde bis zu 19 Gulden bezahlt, „weil (mangels
Wein) sehr viel Bier gebraut wurde".

Die erste Hälfte des Jahres 1817 war ganz durch die Mißernte des Vorjahres
geprägt.

„Dieses Jahr zeichnete sich aus durch fürchterlichen Mangel und Teuerung, die
vom Frühjahr bis zur Ernte fortwährte und einen Grad erreichten, dessen sich auch
selbst die ältesten Personen nicht erinnern konnten."

Die Fruchtpreise waren zwar im Winter etwas gefallen. An Fastnacht galt
der Weizen 18 Gulden und das Korn 13 Gulden.

„Nach Ostern aber bekam alles eine andere Gestalt, die Fruchtpreise stiegen von
Tag zu Tag höher und erreichten bis zur Ernte eine Höhe, die fast ganz unglaublich
wäre, wenn man solches nicht selbst gesehen und erfahren hätte. Ich will nur von
drei Märkten in (Rhein)-Bischofsheim die Preise anführen: Am 2., 9. und 16. Juni
galt das Viertelweizen 56 Gulden ... , das Korn 42 Gulden. Der Laib Schwarzbrot
zu sechs Pfund galt 1 Gulden 20 Kreuzer ... Welchen Jammer, Not und Klagen
dies unter allen Menschen nicht nur den Armen ... gewesen (ist), ist mit keiner
Feder zu beschreiben." Die Leute aßen das Fleisch des vor Hunger krepierten
Viehs. Das Betteln war „so stark, daß man sich fast nicht retirieren konnte". Viele
Bettler kamen auch aus den Nachbarländern (Schweiz, Elsaß, Württemberg) „und
baten um Gottes Willen um ein Stücklein Brot, welches sie mit dem größten
Heißhunger verschlangen".

Pfarrer Schoch war der Ansicht, daß ein rechtzeitiges Ausfuhrverbot für
Getreide die Katastrophe verhindert hätte. Der Export sei erst dann verboten
worden, „da die Vögel schon großenteils ausgeflogen waren". Dieses
Urteil hatte seine Wurzel in der Jugenderinnerung Schochs an die Notjahre
1769-71, als das Hanauerland durch ein rechtzeitiges Ausfuhrverbot vor
einer Hungerkrise bewahrt worden war. Es ist sicher, daß eine kapitalstarke
Stadt wie Straßburg den Markt der Umgebung leerfegen und damit die
Preise in die Höhe treiben konnte mit all den geschilderten Folgen.

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