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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 407
(PDF, 127 MB)
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verantwortlichen Personen der großherzoglichen Behörden, von den Amtmännern
angefangen, die Gerüchte nicht auf ihren Wahrheitsgehalt prüften
. Die Regierung in Karlsruhe hätte in Amsterdam Recherchen anstellen
müssen nach dem sogenannten amerikanischen Regierungskommissar, erst
recht, wenn man wie die Auswanderer die Versprechungen für bare Münze
nahm.

3. Flucht in den Alkohol - ein Ausweg aus der Not?

Eine Information über das Trinkverhalten der Leute erhalten wir aus dem
Jahresbericht von 1767: „daß im Herbst gar keine Weinlese gewesen. Hierdurch
wurden die (Wein)-Preise nocheinmal so teuer ... In diesem und folgenden
Jahr wurde anstatt des Weins in den Wirtshäusern meist Bier ausgeschenkt
." Die Notjahre 1769-1771 änderten an dieser Gewohnheit
nichts, da 1770 viel und guter Obstwein gekeltert werden konnte. Wie würde
aber die Bevölkerung in der katastrophalen Situation von 1816-1817
reagieren? Äpfel gab es 1816 zwar keine, aber viel Birnen und Zwetschgen
. Der Rebwein aus den Gebirgsdörfern fiel aus. In der Chronik lesen
wir, daß die Birnen trotz ihrer schlechten Qualität „reißend aufgekauft"
wurden. Die Zwetschgen, von denen es reichlich gab, wurden von den Küfern
zu hohen Preisen aufgekauft, um daraus Schnaps zu brennen, „welcher
wegen Mangel des Weins stark getrunken worden (ist)." Die Gerste
wurde so teuer bezahlt wie der Roggen (19 Gulden), „weil sehr viel Bier
gebraut worden ist." Der Konsum alkoholischer Getränke ist eine Gewohnheit
, die ausschließlich der Entscheidung jeder einzelnen Person unterliegt
. Diese Gewohnheit wurde den Notizen der Chronik zufolge nicht
im geringsten geändert, eher noch ausgeweitet. Es wäre doch klug gewesen
, aus der Gerste Brot zu backen, statt daraus Bier zu brauen. Man kann
nun den Standpunkt vertreten, daß nur die Reichen tranken. Da die Not
aber auch viele Wohlhabende erfaßte, müßte die Kundschaft in den Wirtshäusern
sehr klein gewesen sein. Die Angaben der Chronik sprechen nicht
dafür. Wahrscheinlich bestätigt die Trinksitte in der Not, daß sie in beträchtlichem
Maße von Suchtverhalten geprägt war, d. h., daß es leider viele
Leute gab, die, wenn sie die Wahl hatten zwischen einem Stück Brot
und einem Schnaps, dem letzteren den Vorzug gaben. Die Erfahrungen unserer
Generation über die Rolle des Tabaks in den Kriegsgefangenenlagern
unterstützen obige Vermutung.

4. Notzeiten und Kriminalität

Bei diesem Thema ist es naheliegend, an den Brechtschen Spruch zu denken
: „Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral." Man hätte demnach in

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