http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0409
Wohl und Weh aller Bürger hing also weitgehend auch von den Erträgnissen
der Feldflur ab. Auch die Chronisten selbst, zumindest Pfarrer Neßler
(Gemeinde-Pfarrer: 1753-1786) senior, bauten Äcker und hielten Großvieh
(die Herrschaft baute 1770 beim Pfarrhaus zwei neue Großviehställe
und einen Schweinestall). Über eine landwirtschaftliche Tätigkeit von
Pfarrer Schoch (Gemeindepfarrer: 1806-1830) finden sich keine Angaben,
doch seine in Lichtenau lebenden Eltern und seine Geschwister waren
mindestens nebenberuflich Bauern. Beide zitierten Chronisten haben Jahr
um Jahr die Ernteerträge der Feldflur schriftlich festgehalten und die Umstände
notiert, welche die Ernten gefährdeten. Die Arten der Gefährdung
können wir in zwei Gruppen einteilen:
1. Die extreme Ausbildung eines Klimafaktors wie des Sonnenscheins,
des Regens, des Frosts oder der Wasserfluten der Bäche und des
Rheins.
2. Die Schädigung der Kulturpflanzen durch tierische oder pflanzliche
Schädlinge.
Gefährdung der Ernten durch extreme Klimafaktoren
Die erste Gefährdung, die mit dem Beginn des Kalenderjahrs droht, ist der
Frost des Hochwinters im Januar. So erfroren 1827 viele Nußbäume, desgleichen
die Pfirsich- und Aprikosenbäume. Von den Kulturpflanzen auf
den Äckern war das Wintergetreide (Weizen und Roggen) dann gefährdet,
wenn kein oder nur wenig Schnee lag. So wird von 1830 berichtet:
„Im vergangenen Winter (Kälte bis -30 Grad Celsius) hatte der Wind den schützenden
Schnee weggeblasen und die Frucht bloßgelegt."
Dadurch hatten die Pflänzchen stark gelitten. Der Winterreps litt auch
mangels Schneeschutz, erholte sich aber wieder. Im Januar 1826 erfroren
bei -20 Grad viele Kartoffeln in den Kellern wie auch der Winterreps auf
den Äckern. Bei den Ernteergebnissen zweier Jahre weist der Chronist auf
die schützende Wirkung des Schnees im vorangegangenen Winter hin:
1823 fiel im Winter viel Schnee, „welches für die Felder sehr gut gewesen
". 1827 gedieh der Winterreps vorzüglich, „denn im Winter lag tiefer
Schnee". Das war im selben Winter, als die empfindlichen Bäume erfroren,
denen der Schnee leider nichts nützte.
Im Frühjahr mußte der Bauer des Frostes wegen um die Baumblüte bangen
. So erfror diese in den Jahren 1767 und 1825. Zuviel Regen erschwerte
die Frühjahrsbestellung 1828:
„Im April war es immer zu naß, daß viele Äcker nicht richtig geeggt und gepflügt
werden konnten, dadurch gedieh das Unkraut, was den Pflanzen sehr schadete."
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