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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 429
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aber, wie die Erfahrung zeigt, nicht leicht im Großherzogthum vorkommt -
keine lohnende Arbeit finden können26". Tatsache ist, daß die Bürgermeister
und Gemeinderäte aus Kostengründen den Lebenswandel ihrer Ortsarmen
noch genauer beobachteten, um ihnen Arbeitsunwilligkeit nachweisen
zu können.

Armenkommissionen und Armenordnungen

Die Diskussion um Neuerungen in der Organisation und Finanzierung der
Armenversorgung beschäftigte im Vormärz viele Gemeindeverwaltungen
und örtliche Kommissionen. 1826 legte der vielgereiste Offenburger Handelsmann
Zachmann einen ausgearbeiteten Vorschlag zur Armenpolitik der
Stadt Offenburg vor. Seine Forderungen klingen, im Vergleich zu dem damaligen
Status quo, modern: die Einteilung der Armenbetreuung in Bezirke
und die Schaffung von städtischen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.
Zachmann schwebte eine Armenarbeitsanstalt vor, mit der er drei Zwecke
verfolgte: „1. Die Unterstützung der Dürftigen 2. Die Verhütung des Verarmens
3. Die Abstellung der Betteley". Die Stadt teilte er in 4 Bezirke auf,
für die jeweils ein Armenvorsteher zuständig sein sollte. Ein bedürftiger
Armer mußte, wenn er von der Stadt unterstützt werden wollte, einen vorgefertigten
Fragebogen ausfüllen und die Richtigkeit der Antworten durch
zwei seiner Nachbarn bestätigen lassen. Dieses Gutachten mußte der
Armenkommission vorgelegt werden, die den Fall prüfte und dem zuständigen
Armenpfleger oder Fonds genaue Anweisung erteilte.

Außerdem schlug Zachmann die Zusammenlegung der verschiedenen
Spenden der Offenburger Fonds vor. Eine Arbeitsanstalt für Arme sollte
den Armen Arbeit und Verdienst geben und sie zur Arbeit erziehen. „Man
würde nehmlich die tauglichen Armen Hanf und Flachs Wolle und B.wolle
spinnen lassen u. zwar in ihren Wohnungen." Die Armen sollten Werkzeuge
Rohstoffe erhalten. Der fertige Stoff sollte schließlich wieder an die Armen
verkauft werden. Einen Teil des Garns wollte Zachmann zu einem
höheren Preis, zu Lasten der Armenkasse, abkaufen27.

Nach einem Protokoll der Offenburger Armenkommission vom 15. Januar
1829 zu urteilen, wurden drei Jahre später tatsächlich alle Armen mit ihren
Angehörigen aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen28. Die Angaben
sollten mit den vorhandenen Armenlisten verglichen werden. Als Arbeitssaal
schlug man die ehemalige Amtsrevisoratskanzlei vor. Aus dem Karlsruher
Gewerbehaus, einer Armenanstalt, berichtet man: „Ein Knabe im Alter
von 10-12 Jahren spinnt von morgens 6 bis abends 7 Uhr 1 lh Pfund
ordinäres Garn und verdient zwischen 12 und 16 Xer." Nebenbei verbrach-

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