Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 484
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0484
frischungsmitteln und Verbandzeug nach den Schlachtfeldern und leisteten
Ersprießliches, wenn sie auch späterhin unter der Bezeichnung „Schlachtenbummler
" manchen Spott erleiden mußten. Um mich in irgend einer
Weise nützlich zu machen, trat ich dem Auskunftsbüro für die Verwundeten
und Kranken bei, das sich hier nach der Schlacht bei Wörth konstituierte
. Es hatte den Zweck, genau festzustellen, welche Verwundete und Kranke
(nach Namen, Heimat, Regiment etc.) hier lagen, neu zugingen und
durch Tod oder Evakuierung in andere Städte abgingen. Dadurch war es
möglich, ihnen die für sie bestimmten Briefe und Pakete zuzuleiten. Der
Post war es unmöglich, diese Aufgabe zu erfüllen, da es ihr ohne Dazwischentreten
dieses Büros nicht möglich gewesen wäre festzustellen, ob die
Adressaten der Briefe und Poststücke sich in einem der hiesigen Spitäler
befanden und in welchem. Der Ab- und Zugang in diesen war ein sehr
starker. Die Vorsteher hatten gerade genug zu tun mit der Krankenpflege.
So half unser Institut einem wirklichen Bedürfnis ab und war für die Verwundeten
und Kranken, die sich so sehr nach Nachrichten aus der Heimat
sehnten oder dahin schreiben wollten, eine große Wohltat. Denn auch das
Schreiben von Briefen besorgten wir, teils nach förmlichem Diktat, teils
nach bloß allgemeinen Angaben. Manche herzzerreißende Korrespondenz
ging durch unsere Hände. Namentlich die Todeskandidaten wollten noch
so vieles bestellen und ordnen. So schrieb ich tagtäglich eine erkleckliche
Anzahl von Briefen an Eltern und Bräute, was neben der Aufnahme des
täglichen Krankenstandes und peinlich genauer Führung der Listen kein
kleines Arbeitspensum neben der Bewältigung der Berufsarbeiten, die keineswegs
ruhten, darstellte. Es waren mir die Lazarette in der Turnhalle, im
Lehrerseminar und im Gymnasium zugeteilt, im weiteren Verlaufe nur
noch die beiden ersteren. Unser Büro hatten wir im kleinen Rondellsaal
des Ständehauses. Vorstand des Büros war ein pensionierter Oberamtsmann
von Hunolstein, der aber nur den Namen dazu hergab und später
eine Ordensdekoration einheimste. Er war total arbeitsunfähig und hemmte
bloß. Die Seele des Ganzen war merkwürdigerweise der damalige Opern-
und Kammersänger Stolzenberg, der so lange Jahre dem Karlsruher Theater
als lyrischer Tenor angehörte13. Er bemächtigte sich der Sache nicht bloß
mit größter Lebhaftigkeit und Eifer - das lag in seinem Temperament -,
sondern auch mit großem Geschick und einer unglaublichen Pünktlichkeit.
Der eingefleischteste Bürokrat und Revisor hätte nicht akkurater und korrekter
arbeiten können. Auch an einem ehemaligen Pionierunteroffizier
hatten wir eine gute Stütze.

484


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0484