Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 486
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0486
lieh, als von einer gewaltigen Feste neuester Konstruktion. Aber die
Eroberung des altmodisch befestigten Straßburg hatte man sich leichter gedacht
. Der Widerstand war weit zäher, als man erwartet hatte. Das wiederholte
heftige Bombardement der Stadt blieb resultatlos. Man mußte auch
hier zu einer ganz methodischen, langsam fortschreitenden Belagerung
mittelst Aushebung von Laufgräben und Brescheschießen greifen.

IX.

Endlich, nach langen und bangen Wochen, flatterte am 28. September die
schon lang ersehnte weiße Fahne von den Wällen und dem Münsterturme
Straßburgs herab. Ein Gefühl der Erlösung durchzog die Brust der Belagerten
wie der Belagerer, denn auch diese hatten keineswegs mit frohem
Herzen ihre Granaten und Brandkugeln in die unglückliche Stadt geschleudert
und hatten in den regennassen Laufgräben bei dem schlechten Wetter
der letzten Wochen viele Unbilden erdulden müssen14.

Alsbald nach der Kapitulation und in den darauffolgenden Tagen strömten
Tausende der Umwohner wie auch die weiter Entfernten in die jetzt wieder
geöffnete Feste, die meisten aus Neugierde, viele auch zum Besuch von
Verwandten und Bekannten, in den allerersten Tagen auch zum Zweck der
Beifuhr von Nahrungsmitteln. Auch ich machte in den ersten Oktobertagen
einen Tagesausflug dahin, um mir den ungewohnten Anblick einer zerstörten
Stadt und Festung zu verschaffen. Es war ein erschütterndes Bild. Namentlich
die Zerstörung in der Steinstraße und in den angrenzenden Quartieren
sowie in der Zitadelle überstiegen weit die Vorstellungen, die man
sich von den Wirkungen eines Bombardements zu machen pflegt. Man
denkt dabei an von Kugeln durchlöcherten Wände, zerstörte Dächer, gegen
den Himmel starrende, rauchgeschwärzte, einsturzdrohende Mauern etc.,
überhaupt an das Bild einer großen Brandstätte. So stellten sich auch in der
Tat die einzelnen, von Bombardement und Feuersbrunst betroffenen, meist
öffentlichen Gebäude der inneren Stadt dar (Bibliothek, Theater, Präfektur,
Armeekommando, Kasernen etc.). Die Gebäude dagegen, die früher die
Steinstraße bildeten oder in der Zitadelle standen, existierten einfach nicht
mehr; sie waren gänzlich verschwunden und bildeten nur noch ein den
ganzen Komplex umfassendes, unentwirrbares Trümmermeer, das die Bedeutung
der Redewendung „kein Stein blieb auf dem anderen" in beredter
Weise vor Augen führte. Ähnlich präsentierte sich auch das Steintor und
die Bresche in den Wällen daselbst.

Hochinteressant war es, von dieser Stelle aus die weitausholenden Schanzarbeiten
der Belagerer, die Anlage der ersten, zweiten und dritten Parallele
der Laufgräben und schließlich die sogenannte Krönung des Glacis zu be-

486


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0486