Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 489
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0489
reiste, dort den Sonntag zubrachte und Montagvormittag nach Straßburg
zurückkehrte. Aber trotzdem war die Trennung ein schweres Opfer für
mich, das durch die anregende Tätigkeit und die glänzende Bezahlung, die
mir während des Commistoriums zuteil wurde, wohl einigermaßen, aber
keineswegs vollständig aufgewogen wurde. Ich erhielt neben Fortbezug
meines - damals allerdings noch recht bescheidenen - Gehaltes ein Tagegeld
von 20 Franken = 16 Mark und vermochte so bei dem im allgemeinen
sehr mäßigen Aufwand, den wir in Straßburg machten, im ganzen die stattliche
Summe von 10 000 Franken = 8000 Mark zu erübrigen, was eine
recht erhebliche bleibende Aufbesserung meiner Vermögensverhältnisse
bedeutete. Wir ließen uns dabei in Straßburg nichts abgehen, erlaubten uns
im Gegenteil, namentlich in den Anfangszeiten, in denen die Wogen patriotischer
Begeisterung noch hochgingen, nicht selten eine Flasche echt
französischen Champagners (die Bezeichnung „Sekt" bürgerte sich erst
später ein) oder gleich vorzüglichen Rotweins; beides bekam man damals
noch aus vorhandenen früheren Beständen zu mäßigen Preisen in bester
Qualität. Allein im ganzen nötigte die viele Arbeit, die zu leisten war, zur
Mäßigkeit. Gelegenheit zum Besuch von Theater und Konzerten gab es
auch viel. Der Aufbau des während der Belagerung abgebrannten Theaters
erfolgte erst später, und die Leistungen einer deutschen Truppe, die im
Winter 1871/72 im Saale eines Gasthofs Vorstellungen gab, waren so mittelmäßig
, daß wir uns nur selten zum Besuche dieser Vorstellungen aufschwangen
. Doch ich greife damit den Ereignissen vor.

XI.

Bei meiner Ankunft in Straßburg stieg ich für die ersten Tage im „roten
Hause" ab, einem alten, renommierten guten Gasthof zweiten Ranges, der
seitdem bedeutend verbessert und verschönert wurde. Der Gasthof war von
Offizieren und Militärbeamten stark besetzt. Es war kaum mehr ein Zimmer
zu erhalten, und auch dieses nur in bescheidenster Form. Ich war daher
sehr froh, als ich nach wenigen Tagen durch Vermittlung Regenauers,
der samt dem Büro der Steuer- und Zolldirektion bei einem Notar auf dem
Guttenberg-Platz in recht annehmbaren Räumen untergebracht war, von
der Militärbehörde gleichfalls ein Quartierbillet auf das gleiche Haus lautend
zugestellt erhielt. Dem Herrn Notar und seiner aus Frau und Tochter
bestehenden Familie war damit allerdings recht viel zugemutet. Er und die
Seinigen fanden sich aber mit guter Miene in die Sache und war froh, zwei
friedliche Zivilbeamte als Einquartierung zu erhalten, statt der zunächst
noch sehr gefürchteten Offiziere, „denn dann", meinte er, „hätt's Margritt
(die Tochter) ja nit do blibe könne, sondern zu unsere Verwandte nach
Offenburg g'mißt." Die Notarsfamilie lieferte uns auch, und zwar trotz un-

489


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0489