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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 490
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serer lebhaften Einwendungen, unentgeltlich das Frühstück, das Regenauer
und ich gemeinsam im Bürozimmer einzunehmen pflegten, da wir in der
Regel schon vor der Frühstücksstunde mit unserer Arbeit begannen. Denn
Regenauer war ein äußerst gewissenhafter und fleißiger Beamter, der ganz
in seiner Geschäftsaufgabe aufging. Er war ein ruhig überlegender, gut
geschulter Arbeiter, aber von etwas langsamer Fassungskraft, so daß er zu
allem ziemlich viel Zeit brauchte und deshalb mit der Arbeit nicht früh
genug beginnen und nicht spät genug aufhören konnte. Solange wir in der
geschilderten engen Weise zusammenwohnten und zusammenhausten,
mußte ich mich hinsichtlich der Arbeitszeit nolens volens seinen Gewohnheiten
anpassen. Später erlaubte ich mir, meinen Lebenswandel etwas
freier und unabhängiger zu gestalten.

In heiterer Erinnerung wird mir stets die Art und Weise bleiben, wie wir
bei der Notarsfamilie das Frühstück serviert erhielten: Riesige Tassen mit
zwei Henkeln (Ohren) wie kleine Suppenschüsseln und keine Kaffee- oder
Teelöffel, sondern Suppenlöffel! Als Frühstücksbrot große Wasserwecke.
Butter gab es nicht. Die norddeutsche Sitte der Butterzutat beim Frühstücksbrot
hatte sich damals noch nicht eingebürgert und ist ja auch jetzt
noch in den meisten bürgerlichen Familien in Süddeutschland unbekannt.
Regenauer, an feine Formen ungewöhnt, kam aus dem Lachen über die
großen Schüsseln und Löffel nicht heraus und erinnerte mich in späteren
Jahren noch gerne scherzend daran.

Unseren Quartiergebern machten wir gleich in den ersten Tagen einen
feierlichen Besuch, durch den sie sich offenbar sehr geehrt fühlten. Es war
eine biedere elsässische, wohlhabende Familie. Die Tochter erzählte mir,
daß sie die ersten Tage des Bombardements auch im Keller zugebracht hätten
und namentlich auch die Nächte; dann aber seien sie ruhiger geworden
und seien ihren Geschäften in gewohnter Weise nachgegangen, ohne sich
sehr um die ab und zu auf dem Guttenbergplatz platzenden Granaten zu
kümmern. Sogar Markt (sogenannter Wochenmarkt) sei abgehalten worden
, und die Dienstboten hätten ihre Gänge in die Stadt gemacht wie sonst,
allerdings vorsichtig an den Häusern entlang gehend und an diese sich
anschmiegend.

Sehr lange fielen wir übrigens dem Herrn Notar und seiner Familie nicht
zur Last. Denn nach ungefähr 14 Tagen von unserer Ankunft in Straßburg
an war das durch Brand beschädigte, aber in seinen Grund- und Umfassungsmauern
noch intakte ehemalige französische Hauptzollamtsgebäude
am Bahnhof soweit wieder in bewohnbaren Stand gesetzt, daß wir mit den
Büros dahin übersiedeln und im zweiten Stockwerk Wohnungen, in je einem
Schlaf- und in einem Wohnzimmer für jeden von uns beiden beste-

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