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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 562
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Gründung von Genossenschaften der „Anfang vom Ende des Grundeigentums
der Landwirte" sei.70 Desweiteren nahmen die örtlichen Nationalsozialisten
an Versammlungen des politischen Gegners teil, um diese zu
stören oder das Wort zu ergreifen, um sich selbst darzustellen.71 1930 wurde
im „Acher- und Bühler Boten" angekündigt, künftig bei Störungen die
Polizei zu rufen.72 Die Agitation der NSDAP erreichte in der Landtagswahl
von 1929 ihr Ziel. Mit 6,6% der Stimmen war sie zu einer bedeutenden
Kraft im Bezirk geworden.

Binnen Jahresfrist konnte die NSDAP ihren Wähleranteil verdreifachen.
Die Wahlergebnisse der NSDAP im Bezirk entsprachen im übrigen in den
Wahlen 1928 bis 1932 dem Landestrend und weichen lediglich 1930 mit
einem im Bezirk Bühl um 4,4%-Punkte höheren Stimmenanteil deutlich
ab.73 Entsprechend heftig waren im Jahr 1930 die Auseinandersetzungen
mit der NSDAP. Diese hatte unter dem Titel „Frühjahrsoffensive! Trommelfeuer
über Baden!" allein für den März 1930 900 Versammlungen (davon
10 im Bühler Bezirk) angekündigt.74 Die NSDAP „entfaltet zur Zeit
auf dem flachen Land eine starke Agitation, um die unter der Wirtschaftskrise
stark leidenden Bauern für sich einzufangen", so die Klage des
„Acher- und Bühler Boten" im Monat vor der Reichstagswahl.75 Immer
wieder kamen hochrangige Funktionäre in den Bühler Bezirk, um für die
NSDAP zu werben.76 Die NSDAP-Redner appellierten mehr an die allgemeine
Unzufriedenheit und hielten sich mit konkreten Abhilfevorschlägen
eher zurück. In einer Versammlung zum Thema „Landwirtschaft und Nationalsozialismus
" stellte der Redner der NSDAP bei einer Veranstaltung
im Achertal seinem eigentlichen Gegenstand „zunächst eine endlose Kritik
über die heutigen Verhältnisse" voran.77 Diese Taktik schien zu verfangen,
wie aus der resignierenden Feststellung des „Acher- und Bühler Boten",
daß es einem Teil der Landwirte sehr viel leichter falle, „nationalsozialistische
Schimpfereien anzuhören, als [sich] sachlich in die Fragen zu vertiefen
", hervorgeht.78 Die Nationalsozialisten griffen aber auch aktuelle, regional
akzentuierte Themen auf. Am Beispiel der Diskussion um das Anbauverbot
der Hybridreben79 zeigt sich die Vorgehensweise. In den hiervon
betroffenen Gemeinden30 des Bezirks hatten die Funktionäre der NSDAP
„aus taktischen und politischen Gründen dem Bauer die Beibehaltung der
Amerikanerreben in bestimmte Aussicht gestellt".81 Damit entsprachen sie
den Forderungen der heimischen Winzer, die schon 1927 in einer „Rebleute
-Versammlung" in Bühl „gegen das Gesetz, das den Anbau und Verkauf
von [...] Hybriden-Wein verbieten soll", Stellung genommen hatten.
Für einige der Anwesenden stellte das mögliche Verbot den unausbleiblichen
„Ruin der Weinbautreibenden" dar.82 Trotz dieses Widerstandes sahen
die 1929 und 1930 erlassenen Bestimmungen eine (allmähliche) Beseitigung
der Hybridenbestände vor. Im übrigen änderten die National-

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