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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 662
(PDF, 127 MB)
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on und in ausschließlich sitzender und liegender
Stellung im Kerker des Schlosses
Pilsach eingesperrt. Insgesamt 15 Tatsachen
listet der Verfasser auf (S. 146-148),
die Schloß Pilsach als den tatsächlichen
Gefängnisort Kaspar Hausers nachweisen.
Kapitel V und VI verfolgen Platz für
Platz. Straße für Straße. Haus für Haus.
Tag für Tag. Stunde für Stunde und zuletzt
fast Minute für Minute die Lebensstationen
und die mit ihnen verbundenen
Personen des Findelkindes: von Kaspar
Hausers erstem Auftauchen am Unschlitt-
platz Nr. 8 in Nürnberg am 26. Mai 1828
gegen 16.30 Uhr bis zum tödlichen
Dolchstich beim Uz-Denkmal im Hofgarten
von Ansbach am 14. Dezember 1833
gegen 16.00 Uhr. Vollständig und präzise
recherchiert sind auch alle Akteure des
Dramas: von den beiden Schustern Leonhard
Weikmann und Jakob Beck, die Kaspar
zuerst sahen, bis zum Mördertrio Johann
Jakob Friedrich Müller. Friedrich
Horn und Ferdinand Dorfinger. Die aufgebaute
Beweis- und Indizienkette wird -
zumindest was diese beiden Kapitel anbelangt
- auch den skeptischsten Leser überzeugen
. Für den Autor F. Mehle steht am
Ende dieses Kapitels fest: „An Hausers
badischem Prinzentum aber kann heute
nicht mehr gezweifelt werden, zu erdrückend
sind die Beweise. In einer beispiellosen
detektivischen Kleinarbeit, die
sich über mehr als 100 Jahre hinzog, wurde
das Rätsel gelöst" (S. 280). Diese
Kleinarbeit verständlich nachgezeichnet zu
haben ist dem Autor sicherlich gelungen.
Als Ausblick und inhaltlichen Abschluß
schreibt der Autor in Kapitel VII ..Daten,
Fakten. Berichte, Zitate" (S. 281-306)
skizzenhaft die Biographien der wichtigen
Personen nach dem Tode Kaspar Hausers
fort. So erfährt der Interessierte zum Beispiel
, daß die Papiere des in Baden-Baden
lebenden Majors und Flügeladjutanten
Johann Heinrich David Hennenhofer.
einem der Drahtzieher im Fall Hauser,
nach dessen Tod 1850 von einer Kommission
beschlagnahmt wurden und seither

verschwunden sind. Der aus kleinen Verhältnissen
stammende Emporkömmling
(S. 75) wurde bereits zu Lebzeiten als
Mörder Kaspar Hausers beschimpft, obwohl
er „am Abend des Mordtages zu
Hause in Mahlberg (bei Lahr/Baden) im
Gasthof ,Zur Sonne' (S. 255) saß und mit
Bekannten zechte.

Die Kapitel VIII—XII runden mit einer Liste
der „Personen der Handlung in alphabetischer
Reihenfolge", einer „Zeittafel",
einer „Stammtafel des Hauses Baden für
das 18. und 19. Jahrhundert", einem ..Abbildungsverzeichnis
" und einem „Literatur
- und Quellenverzeichnis" das Buch ab.
Neben der eigentlichen Lebensgeschichte
Kaspar Hausers oder Gaspards von Baden
erhält der Leser einen Einblick in die politischen
Intrigen und genealogischen Verflechtungen
des Markgräflichen Hauses
Baden in der Zeit Napoleons I. Der Autor
deckt über die Biographie Hausers hinaus
die Hintergründe wichtiger Ereignisse in
der badischen Geschichte und die Handlungsgründe
bedeutender Persönlichkeiten
am badischen Hof auf. so zum Beispiel
die Rolle der zweiten, in morganatischer
Ehe angetrauten Frau des Großherzogs
Karl-Friedrich Luise, der Freiin Geyer
von Geyersberg (spätere Gräfin Hochberg
) (1768-1820) oder die Rolle des verdienten
badischen Staatsministers Freiherr
Sigmund von Reitzenstein (1766-1847).
Als Indizienbeweise zieht der Autor auch
die steile Karriere einzelner, in den Fall
Hauser verwickelter Persönlichkeiten heran
, so die des bereits genannten Majors
Hennendorfer.

Abschließend sei angemerkt, daß vieles
im Buch F. Mehles nicht neu ist. sondern
lediglich neu angeordnet wurde. Seine
wichtigsten Quellen nennt er im Nachwort
(S. 320), wobei die Arbeit von Hermann
Pies (Kaspar Hauser, eine Dokumentation
, Ansbach 1966) an erster Stelle
zu nennen wäre. An dieser Dokumentation
können die meisten Aussagen F. Mehles
gegengeprüft werden.

Dr. Ewald M. Hall

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