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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 318
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masens. Teuerung, Geldmangel, Schulden und der Druck einiger Beamter,
„überhaupt der elende Zustand unserer Untertanen" waren nach Meinung
des Chronisten die Ursachen der Flucht aus der Heimat2. Letzten Endes
waren das aber alles Folgen der zu geringen Ernährungsbasis, die das Land
seinen Bewohnern noch bot.

An dieser Stelle erhebt sich die Frage nach der Einstellung des Staates gegenüber
der Auswanderung. Nach den merkantilistischen Grundsätzen des
18. Jahrhunderts leistet jeder Untertan einen Beitrag zum Wirtschaftsprodukt
. Ein Auswanderer aber entzieht sich dieser Pflicht und bricht dadurch
die Untertanentreue. Aus dieser Haltung heraus erließ die hanau-lichten-
bergische Regierung 1746 eine Order gegen die Auswanderung, in der sie
die Vernunft ganz auf ihrer Seite sah, die Auswanderungswilligen „geblendet
und verführt" nannte und ihnen mit der Einziehung ihres Vermögens
drohte. 1763 wurde dieser Erlaß aufs neue eingeschärft3. Nur diejenigen,
die nichts zu verlieren hatten, verließen bei Nacht die Heimat.

Das halbherzig tolerierende Genehmigungsverfahren des Großherzogtums
Baden im frühen 19. Jahrhundert

Der neue badische Staat, dem Lichtenau seit 1803 angehörte, konnte nach
den Grundsätzen seines Zivilrechts - es orientierte sich am Code Napoleon
- die schroffe Haltung des alten Auswanderungsverbots nicht mehr
aufrecht erhalten. Die Auswanderung war erlaubt, desgleichen die Mitnahme
des Vermögens, nach Abzug der Schulden. Doch betrachtete die
großherzogliche Regierung wie ihre Vorgängerin die Auswanderung als
einen unerwünschten Akt. Das kann anhand von drei Fakten aufgewiesen
werden:

1. Im Hungerjahr 1817 ließ die badische Regierung viele Auswanderungswillige
(in Lichtenau sechs Familien und zwei Einzelpersonen) in die Katastrophe
stürzen, indem sie ein schlecht vorbereitetes Auswanderungsvorhaben
nicht verhinderte4.

2. Bis zum Jahr 1840 sind nur von zwei Personen die Auswanderungsakten
zu finden. Die Quellenlage ist beschränkt, weil die einschlägigen
Papiere jahrzehntelang nicht für „würdig" befunden wurden, im Bezirksarchiv
aufbewahrt zu werden und deshalb verloren sind5.

3. Die Bezirksämter wurden angewiesen, den Auswanderungswilligen
eine „abratende Vorstellung" zu machen, die protokolliert wurde6.

Welche Schriftstücke enthalten nun diese Auswanderungspapiere? Ihre
Zusammensetzung ergab sich aus dem damaligen Stand der gesetzlichen

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