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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 339
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,Jockele, sp-e-e-e-err!' und dann schneller: Jockele sperr, 's geit en Aile-
boga!' (Ellbogen). Entferntere hingen, um nicht unbeteiligt zu bleiben, gewaltige
Schaftstiefel zu den Neckarfenstern heraus, was die Flößer gleichfalls
zu erbosen pflegte. Der Jockele war für seine saftige Grobheit in
Schwarzwälder Mundart berühmt, zu meiner Zeit war er es aber schon
müde geworden, auf den jahrhundertealten Ruf zu antworten. Schweigend,
in philosophischer Ruhe steuerten die Riesen mit langen Stangen ihre
Flöße zwischen den Pfeilern der Neckarbrücke durch, noch eine lange
Strecke verfolgt von dem Gebrüll, in das auch die Gassenjugend einstimmte
."13 Die Rede ist von mächtigen Gestalten, von Riesen in hohen
Stiefeln und mit langen Stangen, dazu von der saftigen Grobheit, durch die
sie sich auszeichneten - auch auf der anderen Seite des Schwarzwaldes
fügte sich so dasselbe Berufsbild zusammen.

Von der Grobheit der Flößer handelt auch noch eine Episode, die Heinrich
Vierordt aus dem alten Rastatt, gleichfalls um 1860, überliefert hat. Dort
gab es nämlich ein kleines Mädchen, das keine Schule besuchen durfte,
weil seine „allzu besorgte englische Mutter fürchtete, ihr Töchterchen könne
da häßliche Sitten und Worte lernen; bis die Mama entdeckte, daß Mary
von den Flözern auf der Murg, die hinter dem Hausgarten vorbeifloß, abscheulichere
Scheltworte gelernt hatte, als je auf Schulbänken lernbar gewesen
wären".14 Wohl nicht von ungefähr schärfte schon die Wolfacher
Schifferordnung von 1527 den Flößern ein, daß sie sich den Kaufleuten gegenüber
anständig betragen, ihnen insbesondere nicht „mit worten noch
werken gefährlich werden"15 sollten. „Heute leben die braven Flößer, diese
tapferen Wald- und Wasserleute nur noch im Sprichwort: ,Grob wie ein
Flözer.' Als ob Leute fein sein könnten, die keine Zahnstocher und keine
Zündhölzer, sondern Tannenbäume transportierten und jahraus jahrein in
Wasser und Wald in Todesgefahr stunden!"16 (Uhrmacher, zum Beispiel,
waren ganz anders.)

Dazu paßt dann auch, was wenigstens vom Rhein berichtet wird: „Zwangen
heftige Winde oder sonstige widrige Verhältnisse zum Anlegen und unfreiwilligen
Aufenthalt, so vertrieben sich die Flößer die Zeit mit Wildern,
auch mit Karten- oder Würfelspiel, wobei nicht selten der ganze Verdienst
drauf ging. Aber es war ein lustiges Leben!"17 Da hatten sich den eigentlichen
Flößern auch schon die sogenannten „Kosaken" zugesellt, eine etwas
zwielichtige Gesellschaft von Hilfskräften aller Art, die keine andere Arbeit
finden konnten oder wollten, und die von der knallenden Peitsche des
„Kosakenführers" regiert wurden.18 (Die kleineren Flöße wurden an bestimmten
Orten in größere umgebunden; und so fuhren ab Steinmauern 35,
ab Mannheim 250 und ab Koblenz über 500 Mann als Besatzung mit.) Das
war schon ein anderes Leben als daheim im Schwarzwald.

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