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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 347
(PDF, 147 MB)
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Der Interviewer muß sich bewußt sein, welche Methode er anwendet und
welche Ergebnisse auf diese Weise ermittelt werden können.

Welche verheerenden Folgen ein unsensibel geführtes Interview haben
kann, bei dem der Interviewer sich nicht über seine Vorgehensweise Rechenschaft
ablegte, erfuhr ich von einer Interviewpartnerin. Wie sie mir im
nachhinein sagte, hatte sie regelrecht Angst vor meiner Befragung. Sie
wurde einmal von einem Lehrer über ihr Leben befragt, der offensichtlich
die Antworten im voraus wußte. Er belehrte sie immer wieder, daß ihre Erinnerungen
falsch seien und sie sich gefälligst anstrengen sollte. Nach unserem
ersten Interview fühlte sie sich als Mensch und Zeitzeugin respektiert
und war zu weiteren Gesprächen bereit.

„Oral-History-Forschung heißt schlicht: auf alte Menschen zugehen, Gespräche
führen, „Probanden" finden und auswählen, Erinnerungen anregen
, sich auf eine „Stufe" stellen mit den alten Menschen, ihre Sprache
und Sprechweise zu akzeptieren, sich in ihre Lebenssituation und Lebensgeschichte
hineinversetzen, Gefühle, Hemmungen, Ängste ernst nehmen
und auch Enttäuschungen ertragen können."6

Offene Befragungen produzieren Erzählungen, Geschichten, die manchmal
weit über das hinaus gehen, was ursprünglich im Interesse des Interviewers
lag. Immer wieder muß auf das eigentliche Thema gelenkt werden, ohne
die Gesprächspartner unhöflich zu unterbrechen und ihre für sie bedeutsamen
Erzählzusammenhänge gedankenlos zu entwerten. Ihr Schweigen ist
ebenfalls zu achten. „Die Achtung vor dem Privatleben der Erzähler verhindert
die Gefahr, sie zu bloßen Forschungsobjekten oder seelenlosen Informationsträgern
zu degradieren. Die Entscheidung über Erzählen oder
Schweigen liegt unausgesprochen und selbstverständlich bei den Gesprächspartnern
selbst."7

Die Achtung vor der Rede der Interviewpartnerinnen hat nicht nur diese
forschungsethische Seite, sondern auch eine methodische. Es ist möglich,
daß der Zusammenhang, in dem Dinge ihre Bedeutung gewinnen, gar nicht
der ist, den der Interviewleitfaden vorwegnimmt.

Vorgehensweise

Über die Vorgehensweise bei mündlichen Geschichtsbefragungen durch
offene Interviews können keine eindeutigen Anleitungen gegeben werden.
„Es gibt offenbar kein Rezept für die Technik der Oral-History-Befra-
gungen."8

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