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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 382
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Fund erlaubt, in ihm jenen zu erkennen, der den Lautenbacher Hochaltar
„fassen und vergolden" ließ12. Damit könnte man einen um 1501 erfolgten
Verkauf auf Rentenbasis verbinden13, der eine sehr hohe Summe Geldes
(200 Gulden) erbrachte und den zukünftigen Honorierungen eines Malers
- seien sie renten- oder ratenweise vorgenommen worden - gedient haben
mochte. Das Wappen des Johannes Magistri, Propst von 1477-1492 und
Auftraggeber des geschnitzten Mittelteiles des Flügelaltares, 1488 in dem
Achsenfenster des Lautenbacher Chors abgebildet, befindet sich zu Füßen
von Petrus Burkardi14. Es liegt ein ähnlicher Fall vor wie beim Schongau-
erischen Orlieraltar (1465-1470). Magistri mag testamentarisch einen
finanziellen Beitrag zur Ausführung der Flügel hinterlassen haben, so daß
sein Wappen auf ihn als Auftraggeber nicht nur des Schreines, sondern
auch teilweise der Flügel hinweisen soll. Petrus Burkardi als Testamentvollstrecker
, Nachfolger und Verantwortlicher für jenen großen Verkauf
auf Rentenbasis hätte dann dem verstorbenen Stifter Magistri seine eigenen
Gesichtszüge verleihen können. Beide Pröpste sind sich sehr unähnlich
: der langnäsige hagere Magistri auf dem Chorachsenfenster von 1488
und der runde kurznasige Propst auf der Geburt Mariens. Das jugendliche
Aussehen des Kaplans Heinricus Vehl auf dem rechten Flügel des Lautenbacher
Hochaltars (Taf. 2) spricht auch für eine frühe Datierung von dessen
Flügeln, da er kaum älter als 35 Jahre, maximal 40 Jahre, zu sein
scheint. 1523 auf dem Schmerzensaltar (Taf. 9) wirkt er als erwählter
Propst mindestens 15 Jahre älter. Die Individualisierung der Auftraggeber
als Stifterfiguren war z.B. in Köln schon im 15. Jahrhundert üblich. Das
darf man bei einem Künstler, der für Humanistenkreise - Magistri und
Burkardi ließen ihre Namen latinisieren - arbeitete, auch annehmen. Der
Lautenbacher Maler muß mit den Außenflügeln des Hochaltares um
1506/07 (Taf. 2) angefangen und mit den stilistisch fortschrittlicheren
Innenflügeln (Taf. 1) seinen Auftrag beendet haben.

Diese einzelnen Analysen, nachdem sich falsche stilistische Zuschreibun-
gen oder historische Einschätzungen als unhaltbar herausgestellt hatten,
führten zu allgemeineren Problemen, die ein neues Licht auf die Kunst unseres
Malers werfen, sie in ihre von künstlerischen, geistigen und sozialen
politischen Umwälzungen gekennzeichnete Epoche verlegen.

Hinter dem Anschein fast banaler Einfachheit, den mancher als „mittelmäßig
" bezeichnen zu müssen glaubte, ist die Kunst des Lautenbacher Malers
erstaunlich durchdacht und konstruiert. Die Beherrschung des formellen
Repertoires Dürers mit seiner Vorliebe für die Natürlichkeit beeinträchtigt
hier nicht den sakralen Charakter der Bilder, stellt sie vielmehr in den
Dienst einer noch mittelalterlichen Gesinnung. Wie die großen Künstler
der Spätgotik entwirft unser Maler seine Flügelaltäre als Gesamtkunst-

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