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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 398
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Das Vermögen, selbst eine tiefgründige religiöse Botschaft des Kunstwerks
im Sinne einer Bildlektüre zu entziffern, die zur Zeit des Malers üblich
war, mag die soziologische Untersuchung des Milieus der Auftraggeber
bestätigen. Sie waren meist wohlhabende Adlige von Rang, stammten aus
dem Elsaß (Christoph von Müllenheim zu Rosenburg) oder aus der Ottenau
(Hans Friedrich Röder von Diersburg, die Wiedergrün von Staufenberg)
oder auch aus dem Kraichgau (Barthel Horneck von Hornberg, mit den
Zässingen aus dem Sundgau verwandt). Familiäre und politische Bindungen
vereinigten sie. Sie waren Mitglieder der „Ortenauer Ritterschaft"26, die
als Abwehr gegen Karl den Kühnen entstanden war, und der regeltreuen
„Bruderschaft des St. Ursula Schiffleins"27, der einzigen berühmten Bruderschaft
, die die Reformation überlebte, und Laien um den Markgrafen
von Baden sowie Zisterzienser, Kartäuser der Ortenau, Straßburgs und
Basels in ihren Reihen versammelte. Diese Laien und Kleriker waren sich
nahe und gehörten zu den Kreisen, die an der Wiege des rheinischen Vorhumanismus
Pate standen, seien es die Kartausen Basels und Straßburgs,
die Höfe des Markgrafen von Baden oder des Pfalzgrafen; in diesen Kreisen
des reformierten Katholizismus herrschten die Ideen der von Thomas a
Kempis begründeten devotio moderna, des scholastischen Rationalismus
und des nominalistischen Realismus. Die ästhetischen Ideale der Kartäuser
, die Dionysius von Ryckell (1402—1471 )28 Ende des 15. Jahrhunderts in
der Straßburger Kartause auslegte, konnten den gebildeten Auftraggebern
unseres Künstlers, die die kartäusischen Ideale bewunderten, bekannt gewesen
sein: eine von der ratio bestimmte Schönheit, Eleganz der Formen,
Harmonie der Teile im Zusammenhang mit dem Ganzen, Schlichtheit -
lauter Züge, die auch die Kunst des Lautenbacher Malers kennzeichnen.

Die Idee einer rationalen Schönheit, die auf der Symmetrie und Geometrie
fußte, wurde zum Ausgangspunkt der ersten Überlegungen Dürers über die
Grundlagen der Proportionen vom menschlichen Körper und Antlitz, so
auch der Perspektive29, die er zuerst mündlich seinen Schülern lehrte. Neuen
Vergleichsmomenten verdanken wir die weitgehend gesicherte Erkenntnis
, daß der Lautenbacher Maler zu den Schülern Dürers gezählt haben
muß, die um 1504/05 in dessen Werkstatt waren: Hans von Kulmbach,
Hans Schäufelein, Hans Baidung, aber auch der „unbekannte Schüler Dürers
", der mit den Vorgenannten identifiziert worden war und von Hartmut
Scholz in Verbindung mit den Meister des Henneberger Kopfes gebracht
worden ist. (Er hat die Glasmalereien der Kapelle des Propstes Sixtus Tucher
in der Nürnberger Grasersgasse entworfen.)

Eine solche These wurde bisher noch nicht vorgebracht. Sie bietet sich jedoch
aus dem Grund an, daß wir viele Anlehnungen an die Kunst Dürers
bei unserem Künstler vorfinden. Zuerst ist er in der Schongauer-Schule

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