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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 405
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dem Marienleben, findet sich jedoch nie in den bekannten Werken unseres
Meisters wieder.

Die Linienführung des Lautenbacher Meisters, erkenntlich durch sparsam
verwendete Unterzeichnungen, beweist eine sichere Hand. Beide Künstler
nutzen breite, jedoch sensible flotte Schraffuren, um die Bewegungen der
Körper, die Faltengebung, den scharfen Kontrast zwischen den Schatten-
und Lichtflächen zu verdeutlichen. So pflegte es auch der Meister der
Glasmalereien der Tucher-Kapelle in der Grasersgasse. Erst Wechtlin hat
in Deutschland den hell-dunkel-Holzschnitt eingeführt.

Solche Ähnlichkeiten sind gewiß auffallend, man bemerkt jedoch im Lautenbacher
Hochaltar (Taf. 1, 2) Unterschiede zu der Passio Wechtlins.
Leerräume beanspruchen einen größeren Platz, so daß man in den Kompositionen
freier atmen kann. Man bemerkt eine geometrische Ordnung,
die in dem Gleichgewicht der Kräfte strukturierter wirkt, eine intimere Vereinigung
der Teile - Linien, Farben, Formen - die von vornherein in ihrer
Beziehung zum Ganzen konzipiert sind. Das Streben, entweder eine Einheit
oder Gegensätzlichkeit von Linien und Formen zu schaffen, erzeugt
die psychologische Spannung. Dank der Übereinstimmung zwischen Form
und Empfindung soll die Einfühlung des Zuschauers bewirkt werden.
Diese eigenwillige künstlerische Sprache des Lautenbacher Malers, die
sich durch eine delikate, rationale Sensibilität auszeichnet, fehlt in der
1506 datierten Passio Wechtlins. Er zeigt weit weniger Scharfsinn in seinen
Kompositionen, die von keiner „linearen Lektüre" strukturiert werden
(PERSEKE). Es ist auch schwer vorstellbar, der Lautenbacher Maler hätte
sich willkürlicher theatralischer Effekte - wohl von den Mysterienspielen
beeinflußt - bedient und den Henkern disproportionierte, karikaturhafte,
grobe Köpfe wie die Wechtlins verliehen. Nur zwei Passionsszenen kommen
in dem bis jetzt bekannten Werk des Lautenbacher Malers vor. Auf
der Müllenheimer Kreuzigung (Abb. 4) hat der Künstler - anscheinend
wenig begabt für gewaltsame Szenen, die seiner Natur widersprachen -
eher einen Ruhepunkt hervorheben wollen, den Augenblick der „Versöhnung
zwischen Heiden und Juden" (G. SCHILLER). Auf dieser Kreuzigung
verleiht er seinen Gesichtern Züge, die immer noch die menschliche
Würde widerspiegeln, sogar bei dem bösen Schächer oder den sich
entfernenden Juden. Die zweite Passionsszene ist die Kreuztragung auf der
Mitra des Bischofs Ambrosius des Lautenbacher Hochaltars. Winzig, ist
sie dennoch von gewaltiger Dramatik; man erkennt in Vorderansicht das
Galgenvogelgesicht eines Soldaten, der eine reich verzierte Rüstung trägt,
die der Wechtlins zwar näher als die sonst Dürerische unseres Malers, aber
nicht mit ihr identisch ist. Es ist schwer, sich allein anhand solcher Bilder
ein zutreffendes Urteil zu bilden, zumal das Geschehen sich in so kleinfor-

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