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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 580
(PDF, 147 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0580
Rückblickend hält der Pfarrer fest: „Als wir im April 1941 hierher kamen, war zu
unserem größten Erstaunen fast alles in der NSDAP organisiert. Fast hätten wir
gleich Schulverbot bekommen. Der Hitlergeist ist noch nicht ganz ausgestorben.
Durch planmäßige Arbeit ist wieder religiöser Geist eingezogen ..."

(13. Dezember 1946)

Am 16. April vormittags ]h 11 Uhr zog eine „kleine Abteilung Franzosen",
gedeckt durch einen Panzer, in Zell-Weierbach ein und übernahmen dann die
Gewalt. Ebenso auch in Fessenbach und in Rammersweier. Eine Handvoll
Soldaten, die noch in den Dörfern verblieben waren, wurden gefangen genommen.

Nach dem Einmarsch der Franzosen in Offenburg hatten Nationalsozialisten an
den Eingängen der drei Dörfer überall Panzersperren errichtet. In Rammersweier
entfernten zwei Bewohner die Hindernisse. Im nahen Bohlsbacher Wald ließ ein
deutscher Offizier drei deutsche Soldaten erschießen, die sich von der Truppe entfernt
hatten und ihre Leiber ohne Erkennungsmarken verscharren, nachdem sie ihr
eigenes Grab vorher haben schaufeln müssen.

„Weil nun einige sture Hauptleute mit zwei bis dreihundert Soldaten ohne Mut
und ohne Waffen in Zell-Weierbach und Fessenbach Widerstand leisten wollten,
kam die Bevölkerung in große Erregung; denn ein Widerstand war in Anbetracht
der großen Sachlage töricht wenn nicht verbrecherisch gegen die Allgemeinheit,
da von vorneherein die Aussichtslosigkeit des Kampfes feststand und die Dörfer
in Gefahr brachte, ganz zertrümmert und zerstört zu werden. Selbst am Montag,
den 16. April, gegen Vormittag hatten sich ein Offizier mit Soldaten bei der Kirche
postiert, um mit Panzerfäusten Widerstand zu leisten. Die schöne Kirche und
Pfarrhaus und Mesnerhaus sollten in Trümmer geschossen werden. Als die Bewohner
des Pfarrhauses und ein Teil der Bevölkerung sich dagegen auflehnten,
wurde ihnen von dem Offizier gedroht, sie standrechtlich erschießen zu lassen
wegen Zersetzung des Abwehrwillen. Drei mutige Frauen: Frl. Maria Barlage,
Frau Englert und Frau Lienert ließen sich nicht einschüchtern und sagten, man solle
sie lieber erschießen als die Wallfahrtskirche in Gefahr bringen und meldeten
sofort dem Pfarrer die drohende Gefahr. Der Pfarrer kehrte soeben von einer Beerdigung
zurück, begab sich vor die Kirche, um ebenfalls zu verhandeln, konnte
aber dann feststellen, daß die Truppe bereits nach Zell-Weierbach sich zurückgezogen
hatte. Die Bevölkerung hatte sich bei der Ungewißheit und großem Bangen
vor einem sie ja nur schädigendem Widerstand zum Teil in die Höhlen und Talwege
und im nahen Wald verborgen, andere blieben in den Häusern zurück um die
Übergabe zu erwarten."

Die Franzosen waren wider Erwarten am 15. April nicht weiter als nach Offenburg
gekommen. Schuld daran hatten die schweren Gefechte bei Ortenberg. „Einige beherzte
Männer unter Gutheißung des inzwischen bestimmten Bürgermeisters
Franz Schmidt, der vor der Hitlermacht Bürgermeister war, hißten vorzeitig die
weiße Fahne auf dem Rathaus. Eine Abordnung kam auch zum Pfarramt mit dem
Verlangen, auf der Kirche die weiße Fahne zu hissen. Der Pfarrer erkannte jedoch
die persönliche Gefahr, in der die beherzten Männer schwebten, gab ihnen den
Rat, sich zu verstecken und mit dem Zeigen der weißen Fahne noch abzuwarten,
bis die Offiziere aus dem Dorfe weggezogen wären, da einige unbelehrbar und

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