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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 627
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0627
Mit der NS-Herrschaft geht es zu Ende

Ettenheim 1945

Robert Furtwängler

In voller Blüte stehen Bäume und Sträucher in diesem April 1945. Es ist
ein Frühjahr, wie man es selten so schön erlebt, und es verspricht ein gutes
Jahr. Doch es naht der Krieg, den man für immer fern wähnte. Von Norden
wälzt er sich heran. Eine gewaltige Macht führen die Franzosen ins Feld.
Mit 130 000 Mann, 10 000 Fahrzeugen, starken Panzerverbänden, die sie
südlich Speyer über den Rhein gesetzt haben, stoßen sie nach Südosten
und in die Rheinebene vor. Jagdbomber (Jabos) schirmen den Luftraum ab,
unterbinden, zumindest tagsüber, jeglichen Eisenbahn- und Straßenverkehr,
machen gar Jagd auf Radfahrer und selbst den Bauern auf dem Acker.

Wenig kann die deutsche 19. Armee dem Feind entgegenstellen. Ihre Lage
ist hoffnungslos, gar seit sie die letzte Felddivision in andere Frontabschnitte
beordern mußte. Soldaten des Ersatzheeres, bunt zusammengewürfelt
, mangelhaft ausgebildet und ausgerüstet, stehen in ihren Einheiten
und außerdem noch Volkssturmverbände. Dürftig ist der Artilleriepark; er
besteht aus Beutegeschützen, etwa 80 Panzerabwehrkanonen sind vorhanden
, 16 Jagdpanzer, und Flugzeuge fehlen völlig. Insgesamt 44 000 Mann
zählt die Armee, und über Reserven verfügt sie nicht. Die Amerikaner
schätzen Anfang April, daß diese Armee lediglich 10 500 Mann an
Kampftruppen besitzt.

Langsam, quälend langsam, finden viele, die auf das Ende des Krieges
warten, wälzt sich die feindliche Streitmacht heran. Nach mehr oder minder
harten Kampfhandlungen fällt aber den Franzosen doch rasch Stadt um
Stadt in die Hand. Es sollen, so lautet ein Befehl, Ortsstützpunkte gebildet
und zur Rundumverteidigung eingerichtet werden, in Offenburg, Lahr,
Waldkirch und anderswo. Auch in Ettenheim bereitet man sich auf den
französischen Angriff vor. Am nördlichen Marbachhang gehen vier russische
oder tschechische 15,2 Zentimeter-Haubitzen in Stellung; ein Geschütz
steht unter den Linden beim Marbach-Brünnele. Im Erlenwäldele,
auf dem Myßberg und Münchberg, nahe dem Roser'schen Haus, werden
Pak-Geschütze postiert, mit denen ins Münstertal oder nach Weiler fahrende
Panzer bekämpft werden können. An den Ortseingängen, so bei der
Brauerei Lienhard, bei der Kleiderfabrik, der Beizmühle und bei der Reparaturwerkstätte
Ostermann, werden mit mächtigen Baumstämmen Panzersperren
errichtet. Panzereinmärsche sollen sie verhindern oder verzögern.

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