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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 644
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Licht", vom göttlichen Geist, interpretieren wir es richtig, ein Widerschein
auf Hornberg fallen? Ist je liebenswürdiger, je Liebenswürdigeres über eine
Stadt geschrieben worden, wiewohl viele Literaten ihrer Stadt ein
Denkmal gesetzt haben? Aus einer in jeder Weise großen Entfernung hielt
Hausenstein für alle Zeiten das Bild der Amtsstadt im Schwarzwald zu Ende
des letzten Jahrhunderts fest, er schrieb Geschichte, wie sie freilich
nicht der Stil einer wissenschaftlichen Darstellung oder einer Chronik sein
kann. Da die Poesie tiefere Möglichkeiten als der Bericht eröffnet und sie
ihm zu Gebote stand, war ihm „jede dichterische Freiheit eingeräumt, solange
sie als eine Form der Notwendigkeit hilft, die Wahrheit zu vollziehen
und zu verstärken"4.

Um die Menschen ist es Hausenstein zu tun, sie liegen ihm am Herzen, die
Besten zu schildern ist sein Anliegen, die Zukunft aller seine Sorge. In seiner
gesamten Reiseliteratur charakterisiert er nirgendwo konkrete Menschen
. Anders in den Texten, die er Hornberg, seiner Kindheit und der
Gymnasialzeit in Karlsruhe widmet. Die Gestalten, die er hier schildert,
sollen andern Vorbild sein. 1947 veröffentlichte er den ersten Teil seiner
Biographie, also in einer Zeit, in der die Untergangsvisionen seiner
Jugendjahre Wirklichkeit geworden waren. Er will wesentliche Teile der
Kultur des 19. Jahrhunderts für die neue Zeit retten und stellt sie an den
Menschen und Erlebnissen seiner Kindheit verklärend dar. Dem Werteverfall
seiner Gegenwart setzt er das Natürlich-Gute entgegen. Es wäre daher
ein Mißverständnis, seinen Lebensroman als ein romantisch-schönes Bilderbuch
verflossener Jahre zu begreifen. Nicht vorüber sollte das Vergangene
sein - Goethes Wort, das Motto dieses Buches, wurde mit großem
Bedacht gewählt - was Menschen schufen, sollte fort und fort Menschen
geschenkt sein und sie verpflichten. Als Aufforderung zum Humanen
sollte sein ganzes Leben und Werk verstanden werden. Kein Ausspruch
könnte treffender Wesen und literarische Absicht Hausensteins in Worte
fassen als der des griechischen Dichters Menander: „Etwas wie Anmutiges
ist der Mensch, wenn er Mensch ist"5.

Die lichte Welt, die zu beschreiben er sich bemüht, wird gestaltet von seinen
Nächsten, zuerst in der Heimat, danach im weiteren Umkreis. Der Leser
darf gleichsam den sechzigjährigen Autor auf seiner Fahrt nach Hornberg
begleiten, er läßt behutsam Schwarzwaldhöfe, Burg und Stadt vor ihm
entstehen6, geht mit ihm unter der Eisenbahnbrücke hindurch, erklimmt
den Hang zur Markgrafenschanze, besucht den Friedhof, er nennt ihn noch
altertümlich „Gottesacker", steigt im „Bären" ab und hat damit den Übergang
zur Geschichte seiner Familie und seiner eigenen gefunden. In seine
Zeilen mischt er, da vorbehaltlose Unbeschwertheit und oberflächliche
Heiterkeit nie seine Sache war, Melancholie, bedingt durch die abnehmen-

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