Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 645
(PDF, 147 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0645
den Kräfte im Alter und den Blick auf das in fremde Hände gekommene
Erbe der Ahnen, und die Trauer um das ausgestorbene Geschlecht.

Um wenigstens einige Beschreibungen seiner frühen Erlebnisse, eigentlich
Stimmungsbilder, anzudeuten: in LUX PERPETUA, dem reifsten und gedrängtesten
Werk gelten mehr als hundert Seiten seiner frühen Kindheit,
seinen Hornberger Jahren, die wir, seiner postumen Zustimmung gewiß,
„goldene" nennen dürfen. Eingefügt in die Schilderung einer fiktiven Reise
nach Hornberg, werden die Motive preisgegeben, die den Plan einer
Biographie entstehen ließen, die Ziele genannt und die Schwierigkeiten bedacht
, die dem Verfasser beim Schreiben begegnen könnten7.

Breiten Raum nehmen die Betrachtungen zu seiner evangelischen Taufe
ein. Wo, wenn nicht hier, kann er ein erstes Mal die in Tiefe und Weite gehenden
Überlegungen über das religiöse Leben, sich auflösende Bindungen
zur Konfession, zuvorkommende Toleranz anstellen, über Gewissensfreiheit
und Gewissensnot? Es ist die erste Andeutung seiner späteren
Konversion. Ankündigungen dieser Art wiederholen sich mehrfach, etwa
auch in den „Abendländischen Wanderungen"8 mit der Erwähnung des
Osianderhauses in Hornberg, dessen Name für die religiöse Streitfrage der
Rechtfertigungslehre steht. Die Abstammung der Träger dieses Namens,
der damaligen Bürgerfamilie Osiander, von Andreas, dem Reformator
Nürnbergs, und seinem Sohn Lukas Osiander, dem Theologen, Schriftsteller
und Komponisten, muß Hausenstein im ungewissen lassen. (Sie ist bis
heute ungeklärt.) Der Leser der Nachkriegszeit durfte von Anfang an auf
ihre literarische Verarbeitung in einem der folgenden Bände gespannt sein,
als noch nicht feststand, daß die Autobiographie ein Torso bleiben, der
Vorgang des Übertritts zur römischen Kirche nie in die immer so wohlgesetzten
Worte Hausensteins eingehen würde - ein ewiger Verlust. Gewiß
nicht die heile Welt (die ein Phantom ist), doch die gute Welt des damaligen
Hornberg strahlt in der gütigen Gestalt der Großmutter auf, vom Enkel
als „gewinnende Vorbildlichkeit christlicher Nächstenliebe"9 empfunden,
wenn er in ihrem Auftrag zwischen Gutach und Niederwasser junge Mütter
mit einer stärkenden Suppe beschenken durfte. Das Charakterbild der
Großmutter und die Vorstellung vom Kinderglück in Hornberg im Kapitel
„Brezeln aus Niederwasser"10 tragen ohne jeden Zweifel den Preis der
schönsten Schilderung von Menschlichkeit davon.

Die Problematik jener Jahre, die Nachwehen des Kulturkampfes, Pressekampagnen
gegen die „Ultramontanen", die im Innern das Klima vergifteten
, aufkommender Imperialismus, der die Erinnerung an die große, gemeinsame
europäische Geschichte verschüttete und die Idee einer möglichen
Einigung nicht aufkommen ließ, sucht man in den Werken, die seine

645


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0645