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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 646
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Kindheit beschreiben, nahezu vergebens, sei es, daß er sie als Kind noch
nicht erkennen konnte, sei es, daß er sie als Schriftsteller bewußt aus seinen
ersten Jahren verdrängte und nichts den Zauber des Anfangs trüben
durfte. Dennoch fehlt die Politik nicht ganz, wenn sie in ihrer nicht mehr
aktuellen Bedrohung das Leben des Knäbleins in der Erinnerung des
Großvaters, eines noch im Alter leidenschaftlichen Demokraten, eines Revolutionärs
von 1848, eines begeisterten Anhängers des italienischen Freiheitskämpfers
Garibaldi, noch berührt.

Schon mehr als eine Ahnung empfing der kleine Wilhelm von der Kunst
der Musik und von der Wissenschaft der Theologie durch das Klavierspiel
und das Gespräch mit dem Dekan in seiner Nachbarschaft. Immerhin ist in
so frühen Jahren nach seinen eigenen Worten das „künstlerische Fundament
"11 gelegt worden - auch hier ein Stück Kultur, wie sie in Hornberg
erfahrbar war.

In erschreckendem Gegensatz dazu bricht in dieses kleine Reich des Jungen
im und um den „Bären" mit den Fahrten in Begleitung und unter der
geistigen Führung des Vaters in das Städtedreieck Freiburg, Basel, Straßburg
und zur Götzenburg am Neckar die grausame Ungerechtigkeit, die
ihm in der Schule widerfährt: körperliche Züchtigung durch den Lehrer,
weil er den Text eines Liedes nicht versteht („Zu Straßburg auf der
Schanz"12. Dennoch könnte man von einer glücklichen Kindheit reden,
hätte ihr nicht die Todeskrankheit seines Vaters entgegengestanden, die ihn
dem Kleinen so früh entriß. Auf frühe Phantasien in der Hornberger Kirche
(„Die Kanzel"13, der Knabe sah den Dekan die Wand hinauf zur Kanzel
steigen, die Treppe in der Mauer wollte er nicht wahrhaben), eine Episode,
die einen Zornesausbruch seines Großvaters auslöste, von der er - in reifen
Jahren darüber meditierend - nicht hätte sagen können, ob „mit der fabulierenden
Unschuld schon der Frevel verschwistert"14 gewesen sei, führte
er seine spätere Angst vor Türen zurück, eine Angst immerhin, die so
quälend und so wenig abzuschütteln war, daß er Ausführungen dazu für
den zweiten Teil seiner Biographie ankündigt15. Die Türe wird nicht in
einem banalen, konkreten, sondern einem philosophischen, einem symbolischen
Sinne zu verstehen sein, die Türe als Bild für den Schritt ins Ungewisse
.

Wie aus einer anderen Welt ragt der englische Lord, Onkel Vere Douglas-
Hamilton, der Schwiegersohn des Bärenwirts, in die Welt des Kleinen,
nein, sogar darüber hinaus, in das Hornberger Stadtleben hinein. Dieser,
Sohn eines englischen Diplomaten, den dem Erzählen nach ein Unfall daran
hinderte, ebenfalls in den diplomatischen Dienst zu treten, der deshalb
in Karlsruhe ein Ingenieurstudium absolvierte und so zum Bau an der

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