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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 669
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18. Jh. hinein streng kontrolliert wurde.
Hier kam es - vor allem in dem heute
Nußbach eingemeindeten Herztal - schon
im Spätmittelalter durch die Staufenberger
zur Anlage ertragreicher Rebgüter.
Staufenbergische Burgherren waren es
auch, die sich der Nußbacher Pfarrkirche,
zu deren Kirchspiel sie gehörten, in besonderer
Weise verbunden fühlten. Die
Einsetzung der „Nußbacher Frühmeßpfründe
" (nach 1346) ist dafür ein deutlicher
Beweis. Auch literarisch fand diese
Protektion ihren Niederschlag in der vom
Ministerialen Egenolf um 1310 verfaßten
„Maere" von der schönen Melusine, die
H.G. Huber - neben anderen Sagenstoffen
- überzeugend interpretiert. „Nußbach
in der frühen Neuzeit" (16.-18. Jh.) ist der
zweite Teil der Chronik überschrieben.
Zunächst wendet sich der Autor dem Bauernkrieg
1525 zu: Der durch überzogene
Abgabenforderungen und wohl auch
durch das Gedankengut der Reformation
ausgelöste Sturm auf das Kloster Allerheiligen
, die Verbesserung der Lebensverhältnisse
aufgrund des „Renchener
Vertrags", die anhaltende Renitenz der
Bauern, die sich in einem kuriosen Streit
um die Schweinemast im Hardtwald
(„Schweinekrieg") entlud, waren markante
Ereignisse in diesem Bereich der
Ottenau. Deren Zugehörigkeit zu Vorderösterreich
seit 1557 bedeutete für die
Nußbacher, daß sie für geraume Zeit dem
Landgericht Appenweier zugeteilt waren.
Die exponierte Lage des Dorfs (Rheintal-
und Renchtalstraße, Kehler Brücke)
macht verständlich, daß das 17. Jh. den
Menschen die „traumatischen Erfahrungen
nicht mehr abreißender Kriege" bescherte.
1620 wurde die Gemeinde erstmals Opfer
marodierender Soldateska. Eine Einquartierungsliste
führt noch heute vor Augen,
wie den verängstigten Einheimischen mitgespielt
wurde. Nicht besser erging es ihnen
in den beiden folgenden Jahrzehnten,
als ihnen vor allem die Schweden zusetzten
, so daß nach dem Westfälischen Frieden
gerade noch 13 Familien überlebt hatten
. Die nächste Welle der Heimsuchungen
mit Brandschatzung und maßlosen
Kontributionen kam schon wenig später
in den Eroberungskriegen Frankreichs
über das leidgeprüfte Gemeinwesen. -
Hexenprozesse als Begleiterscheinungen
der Entchristlichung und des moralischen
Verfalls jener Epoche sind für die Ottenau
vielerorts dokumentiert. Wie sich der todbringende
Wahn in Nußbach und seiner
Nachbarschaft auswirkte, ist der guten
Quellenlage wegen für den Leser äußerst
eindrucksvoll. - Trotz der Nähe Straß-
burgs konnte die Reformation in dieser
Gegend kaum Fuß fassen. Innige kath.
Gläubigkeit bestimmte statt dessen nach
dem Konzil von Trient auch hier das
kirchliche Leben. Prozessionen, religiöse
Bruderschaften, die „Heilige Zeche" an
Himmelfahrt (ein bis 1813 beibehaltener
Brauch), die Errichtung einer neuen, stilvollen
Kirche mit später verschwundenen
Malereien, mit „Heiliggrab" und kostbaren
Reliquien waren in der Barockzeit
ebenso von Bedeutung wie der Neubau
der noch heute oft besuchten „Wendelinuskapelle
" bei Bottenau und die erste
Schule als Institution vor allem religiöser
Unterweisung. Einen Rückschlag für so
manche frommen Aktivitäten brachten die
Ideen des aufgeklärten Absolutismus, die
mit der Kirchenpolitik Josefs II. einhergingen
. Schulreformen scheinen auch in
Nußbach günstig aufgenommen worden
zu sein, wie Beispiele zeigen, während die
fragwürdig gehandhabte Ablösung von
Frondiensten bei den Betroffenen Proteste
hervorrief und sogar zu einer allerdings
ergebnislosen „Demarche" in Wien führte
. Rebellische Unruhen zu Beginn der
französischen Revolution berührten die
Nußbacher offenbar nur am Rande. - Ein
Abschnitt über die Auswirkungen der
„demographischen Revolution" des
18. Jh. auf das soziale Gefüge des Dorfs
(Differenzierung) führt an die Schwelle
des nächsten Säkulums. Das Zustandekommen
einer dörflichen Unterschicht,
fortschreitende Besitzzersplitterung, der

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