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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 292
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mal gegeben, um den angeblichen Ketzer zu rehabilitieren. Dann verlas
Mathy die damalige Flugschrift und behauptete, zur Verblüffung der Abgeordneten
, der Text stamme von Büß. Büß verneinte dies entschieden. Daraufhin
zog Mathy ein Schriftstück hervor, zeigte es Büß und fragte ihn, ob
dies nicht seine Handschrift trage. Büß gestand nun seine Verfasserschaft.
Jetzt kam es zu einer Unruhe im Saal, bei der keiner mehr ein Wort verstand
, so daß der Präsident die Debatte unterbrechen mußte.

Danach versuchte der Präsident das Thema abzusetzen, weil es genug erörtert
worden sei. Aber die Gegner von Büß ließen nicht locker. Ihr giftigster
Vertreter, der Abgeordnete Kapp, trat ans Pult. Er nannte Büß, wie üblich,
nicht mit Namen, sondern versuchte ihn lächerlich zu machen als den
„berühmten Abgeordneten" oder als den „europäischen Abgeordneten".
Letzteres war für den damaligen national-liberalen Zeitgeist ein Schimpfwort
, das konkret auf die römisch-katholische Bindung von Büß anspielte.

Zum Antrag von Büß meinte Kapp: „Übrigens ist es nicht der Mühe werth,
weiter über diese Sache zu reden; sie trägt den Fluch der Verachtung und
Verdamniß an der Stirne." Büß rief dazwischen: „Ich verbitte mir solche
beleidigende Persönlichkeiten!" Die Schärfe der Worte hätte den Sitzungspräsidenten
zum Einschreiten veranlassen können. Der aber ließ Kapp
munter weiterreden: „Es sind dies keine persönlichen Vorwürfe; es ist mir
vielmehr rein unmöglich, Sie persönlich zu berühren, denn ich betrachte
Sie gar nicht als eine Person." Wieder keine Reaktion vom Präsidenten.

Kapp setzte seine Haßrede ungehindert fort: „Sie kommen mir vor, wie eine
Stimme nicht eines Predigers in der Wüste, sondern wie eine abgeschiedene
Stimme aus dem Mittelalter heraus, die ihren Wohnsitz in den Grabgewölben
alter Kirchenruinen hat." (Protokoll vom 10.9.46, S. 271) Daß
Kapp sich zuvor damit gebrüstet hatte, Katholik zu sein, machte für Büß
die Vorwürfe nur noch schlimmer.

Später Erfolg

Obwohl oder weil Büß schon angeschlagen war, stürzte sich auch noch
Hecker auf ihn. Er beschimpfte ihn als einen „Fanatiker des Gebets und
Rosenkranzes", dem er aber seinen „Fanatismus der Brüderlichkeit, der
Menschliebe und Gerechtigkeit, einen Fanatismus des sittlichen und veredelten
Zusammenlebens" entgegensetze. Eine seltsame Brüderlichkeit!
Aber Hecker merkte diesen Widerspruch nicht. Er ereiferte sich an seiner
eigenen Rede und fuhr pathetisch fort: Gegen diesen Fanatismus der Brüderlichkeit
„werden Sie mit Ihren dunklen Scharen vergeblich heraufzie-

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