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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 346
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von Männern gesehen werden (dürfen)"107. Dies gilt auch für die Verhältnisse
in den Dörfern und Städten der Ortenau. Die sich dort für die Revolution
im Einsatz befindlichen Männer waren auf die Kooperation der
Frauen angewiesen. Insofern ist eine Ignorierung der Rolle der Frauen eine
Verkürzung der historischen Darstellung, ihr „Sichtbarmachen" eine notwendige
Forschungsaufgabe. Durch eine Reihe verschiedener Aktionsformen
beteiligten sich Frauen am politischen und revolutionären Geschehen,
und die in vielen Orten entstandenen Frauenvereine sind die besten Beweise
für die von Hans-Ulrich Wehler postulierte „Mobilierungskraft" der Revolution
„unter den bisher gar nicht oder kaum Organisierten"108. Mit
ihren in kürzester Zeit angestrengten Sammelkampagnen sowie den von
ihnen zusätzlich zum Ausdruck gebrachten Optionen gehörten Frauen als
unverzichtbares Teil zum breiten Strang der von Dieter Langewiesche so
bezeichneten „spontanen Revolutionsbewegung"109.

Man sollte sich bei alldem jedoch darüber im klaren sein, daß sich die
1848/49 aktiv gewordenen Frauen bis auf wenige Ausnahmen mit ihren
Aktivitäten hauptsächlich in den ihnen gewohnten und vertrauten Bahnen
traditionell weiblicher Handlungsmuster bewegten. Auch wurden nur wenige
Anstalten gemacht, das bestehende Geschlechterverhältnis zu modifizieren
. Die bislang aus der Ortenau vorliegenden Quellen machen deutlich:
Frauenspezifische oder gar emanzipatorische Forderungen waren nirgendwo
zu vernehmen"0. Die Ziele der Frauen - immer wieder tauchen die demokratischen
Schlagworte „Freiheit" und „Gleichheit" auf - orientierten
sich an denen ihrer Männer. Diesen versicherten die Revolutionärinnen ihre
treue Mitarbeit, diesen stickten und widmeten sie Fahnen und für sie
sammelten sie Verpflegung und Kleidung. Carola Lipp ist der Meinung:
„Ihre politische und seelische Allianz mit den Männern hinderte sie daran,
an die eigene Emanzipation zu denken.""1 Die Herstellung von Charpie,
die Sorge um verwundete Freiheitskämpfer oder die Organisation der Kollekten
in den besprochenen Orten sowie der Charakter der aus Bermers-
bach, Offenburg und Ettenheim bekannten Fahnenstiftungen lassen erkennen
, daß selbst die Frauen der Revolution „den vorgegebenen Rahmen des
bipolaren Geschlechtermodells nicht (verließen) ( ... ), das sie auf ihre
'natürliche' Bestimmung, Pendant zum männlich-aktiven Pol zu sein, beschränkte
und damit zum ruhenden Mittelpunkt männlichen Schaffensdrangs
machte""2.

Trotz dieser relativierenden Gedanken wäre es falsch, die Rolle der Frauen
aus der Geschichte der Deutschen Revolution auszuklammern. Allein die
bedauerliche Tatsache, daß ein renommierter Historiker wie Thomas
Nipperdey in seiner Darstellung der Revolution 1848/49 mit keinem einzigen
Wort auf die eigentlich nicht zu übersehende Mitwirkung von Frauen

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