Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 386
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0386
ausdrückliche Bestimmung, daß Mitglieder des Unterstützungsvereins
deutscher Buchdrucker nicht angestellt werden durften bzw. entlassen werden
mußten20.

Diesem Problem, das sich der Arbeiterbewegung besonders in Kleinstädten
zeigte, soll etwas genauer nachgegangen werden. Die Grundlage für
die folgenden Zahlen stellen die Adreßbücher der Stadt Lahr dar.

Danach waren 1892 38% der Drucker, die noch 1876 in den
Adreßbüchern verzeichnet waren, nicht mehr in Lahr. Zwischen 1896 und
1901 betrug die Fluktuation sogar 45%, in den nächsten fünf Jahren noch
40%.

Das bedeutet, daß um die Jahrhundertwende beinahe jeder zweite Drucker
innerhalb von fünf Jahren die Stadt wieder verließ. Es liegt auf der Hand,
daß dies eher die agilen, flexiblen, jungen und organisationsbereiten Arbeiter
waren.

Demgegenüber weisen andere Berufsgruppen folgende Werte auf (von
1876 bis 1892)21:

Bauern: 14% (das dürfte in etwa die natürliche Sterblichkeit sein)
Selbständige (Handwerker und Fabrikanten): 23%
Kartonagearbeiter: 29%
Ungelernte Arbeiter: 45%
Öffentliche Dienste: 63%

Deutlich wird hier also die geringere Mobilität der herrschenden Schichten
in der Stadt, die wesentlich leichter entsprechende Positionen im politischen
und kulturellen Kräftefeld der Stadt aufbauen konnten. (Die hohe
Mobilität der Beamten in der Stadt verweist auf ein Phänomen, das hier
nicht weiter erörtert werden kann. Da diese jedoch an die staatliche Sphäre
gebunden waren, stellt dies keine Schwächung, sondern im Gegenteil eine
Stärkung einer anderen Seite bürgerlicher Herrschaft dar - nämlich der
staatlichen.)

Vom Lahrer Bürgertum wurde diese Strategie - wie schon 1853 - durchaus
bewußt verfolgt. Nach dem (zweiten) Attentat auf Wilhelm I. druckte die
Lahrer Zeitung einen Artikel der Kölner Zeitung nach, in dem es hieß:

„Nur wenn die größeren Arbeitgeber zur verständigen Selbsthilfe greifen
[. . .], wenn sie Haus und Fabrik den sozialistischen Agitatoren und den
zahlreichen Zuhörern und Auftraggebern unbedingt verschließen, wird das
sozialdemokratische Giftgewächs an der Wurzel getroffen sein."22

386


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0386