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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 442
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Entlassung, die dieser bewilligte mit den Worten, daß die großen Verdienste
des Scheidenden „. . . durch nichts verdunkelt werden"15.

Schon während des Rechtsstreits hatten die Haßtiraden einen Gewalttäter
aufgestachelt. Am 26. Januar 1920 beobachtete der arbeitslose ehemalige
Fähnrich Oltwig von Hirschfeld die Hauptverhandlung im Zuhörerraum.
Als Erzberger bei Verhandlungsende mit seinem Kraftwagen vor dem Kriminalgericht
in Berlin-Moabit wegfahren wollte, sprang Hirschfeld auf das
Trittbrett und gab zwei Schüsse auf den im Fond sitzenden Finanzminister
ab. Eine Kugel drang in das linke Schulterblatt ein, eine zweite prallte an
der Uhrkette ab. Hirschfeld wurde gefaßt und wenig später vor Gericht gestellt
. Er suchte seine Tat zu rechtfertigen, indem er Erzberger die Hauptschuld
für Deutschlands Niederlage zuschob. Dabei hob er ausdrücklich
auf Helfferichs Schrift „Fort mit Erzberger!" ab. Das Gericht verurteilte
Hirschfeld für seinen Mordversuch, den es parteiisch nur als gefährliche
Körperverletzung einstufte, zu ganzen 18 Monaten Gefängnis.

Nach dem ungünstigen Ausgang des Helfferich-Prozesses war Erzberger
fest entschlossen, um die Wiederherstellung seiner Ehre zu kämpfen. Er
reichte Revision zum Reichsgericht ein, er legte ein Buch über seine Erlebnisse
im Weltkrieg vor, er bereiste seinen württembergischen Wahlkreis.
Im Sommer 1921 erlangte Erzberger die Einstellung der gegen ihn gerichteten
Ermittlungen wegen Verdachts von Meineid und Steuervergehen.
Nun sah er seine Rückkehr in die Parlamentspolitik offenstehen. Nach einem
kurzen Aufenthalt in Berlin begab er sich erst einmal am 19. August
mit seiner Frau und seiner siebenjährigen Tochter Gabriele zu einem Erholungsaufenthalt
in den historischen Renchtalbadeort Griesbach im badischen
Schwarzwald, etwa 500 m ü.d.M. am Fuße des Kniebis gelegen. Die
Familie Erzberger stieg in dem von katholischen Schwestern bewirtschafteten
Kurhause ab. Eine Woche später traf der Abgeordnete Carl Diez ein,
von Erzberger herzlich begrüßt. Langjährige Freundschaft verband die beiden
, denn seit dem Jahre 1912 vertrat der katholische Radolfzeller Landwirt
die Zentrumswähler aus dem Hegau im deutschen Reichstag16.

Attentat

Für den Morgen des 26. August 1921 hatten sich die Freunde zu einem
kurzen Spaziergang verabredet. Als Diez sich gegen 9 Uhr einfand, saß
Erzberger mit seiner Frau und der kleinen Gabriele noch im Wohnzimmer
am Frühstückstisch. Carl Diez gesellte sich dazu, trank eine Tasse Kaffee.
Beim Weggehen entschloß man sich, wegen des trüben und regnerischen
Wetters vorsorglich Regenschirme mitzunehmen. Frau Erzberger mochte

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