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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 612
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sten Phasen seines gesamten Lebens verbringen sollte. Natürlich machten
ihm die Bomber, die über ihn hinweg nach Stuttgart zogen, große Sorgen,
und der Soldatenalltag kannte viele Nöte und Einschränkungen, von denen
seine Briefe an die Familie berichteten. Aber in seinem Tagebuch kommt
eine ganz andere Seite zum Vorschein. Es war die Natur, die mit einer nie
zuvor gekannten Intensität in ihn eindrang und in Staunen versetzte. Immer
schon hatte ihn gerade das Frühlingsgeschehen tief fasziniert. Jetzt aber
schien alles noch gesteigert. Gewiß kam ihm dabei entgegen, daß er sich
aus dienstlichen Gründen mehr als zuvor im Freien aufhalten mußte. Jedenfalls
verschmolz er jetzt ganz und gar mit der blühenden Schönheit der
Landschaft, die ihn überall umgab. - „Beglückt im hohen Licht des Mittags
atmet das All. Die Sonne schenkt Leben u. Wärme. Tausendfältig duftet
der reife Sommer. Gottes Liebe ist allgegenwärtig! Ich bin im Gleichklang
aller Wesen!"17 Solche und ähnliche Äußerungen stehen aus dieser
Zeit im Tagebuch. Sie sind um so erstaunlicher, als man zum einen sie von
dem selbstzweiflerischen Mann sonst nicht kennt, zum anderen aufgrund
der allgemeinen Zeitumstände, unter denen sie geschrieben sind.

Meier hat diese Erlebnisse in bescheidenem Umfang auch künstlerisch
fruchtbar zu machen versucht. In den dienstfreien Stunden war er immer
wieder mit dem Zeichenblock in der schönen Landschaft unterwegs
(Abb. 11). Es scheint, als habe sich hier in den glücklichen Stunden im
Südschwarzwald jene Wende zu seinem Spätwerk vorbereitet, das unter
anderem durch ein stärkeres Interesse an der Landschaftsmalerei gekennzeichnet
ist.

Die Kriegsgefangenschaft, in die er sich wenige Tage vor Kriegsende begeben
mußte, riß ihn aus diesem stillen Glück heraus. Wie bereits im Ersten
Weltkrieg waren es wieder Lager in Frankreich. Als er nach knapp einem
Jahr im März 1946 entlassen wurde, kehrte er unmittelbar nach
Schutterwald-Höfen ins Elternhaus seiner Frau zurück. Wohin auch sonst?
Es war einfach eine Selbstverständlichkeit, daß alle - nachdem die Wirren
des Kriegs sie als Soldaten oder als Flüchtlinge vor den Bomben getrennt
und zerstreut hatten - sich hier, von wo sie alle ausgegangen waren, wiedersehen
und wiederfinden würden. Anna hatte sich mit den Töchtern aus
dem bombengefährdeten Stuttgart schon bald nach Höfen zurückgezogen.
Und es war für Andreas Meier, seine Frau und seine Töchter auch gar keine
Frage, daß sie ihre Zelte in der Stadt nun abbrechen und ganz hier bleiben
wollten, zumal nach dem frühen Tod von Annas Bruder Josef kein anderes
Familienmitglied das Erbe am Hof übernehmen wollte. Was zählten
nach all den schweren Zeiten jetzt noch die beruflichen Bedenken, die ihn,
Andreas Meier, früher von einem Rückzug aufs Land abgehalten hatten?
So kehrte er mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit wieder heim.

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