Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 672
(PDF, 127 MB)
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lanz ist zugleich die zeitgenössische Bilanz
des zu Ende gehenden Jahrhunderts.
Der Autor, 1928 als Sohn eines Polizeihauptmanns
in Karlsruhe geboren, schildert
in beeindruckender Detailtreue seine
Kindheitsjahre in der NS-Zeit, den Besuch
Hitlers in Baden-Baden, die Reichspogromnacht
und die Erlebnisse im Jungvolk
. Das christlich-konservative Elternhaus
ermöglichte eine kritische Distanz
zum NS-System. Aufschlußreich ist die
Schilderung der Kriegsjahre, die Haehling
von Lanzenauer zunächst als Schüler in
Baden-Baden erlebt, bevor er 1944 in
Seebrugg als Luftwaffenhelfer ausgebildet
wird und schließlich in einer Flak-Stellung
bei Wyhlen Dienst tun muß. Da er
zum Schulbesuch wieder beurlaubt wird,
erlebt er in Baden-Baden das dramatische
Ende des 2. Weltkriegs mit.
Die Kurstadt war als Sitz der obersten Militärbehörden
der französischen Besatzungsmacht
eine Art „Hauptstadt" der
französischen Besatzungszone. Um so interessanter
sind deswegen die Schilderungen
der Atmosphäre der Nachkriegszeit
und der episodischen Begegnungen mit
Alfred Döblin, Werner Bergengruen, Otto
Flake und Reinhold Schneider. 1950
schließt sich ein Jurastudium in Freiburg
an; dort lernt der Autor bei einer Philosophievorlesung
Martin Heidegger kennen,
mit dessen Persönlichkeit und Philosophie
er sich kurz auseinandersetzt. Er schildert
die Auseinandersetzungen um die Wiederbewaffnung
und um die Bildung des Bundeslandes
Baden-Württemberg, wobei er
nicht nur als Jurist eine altbadische Position
einnimmt.

Im Kapitel „Lehrjahre" beschreibt Haehling
von Lanzenauer seine rechtspraktische
Ausbildung in Säckingen. Bühl, Baden
-Baden und Freiburg. Er zeichnet gelungene
Porträts von seinen Ausbildern
und Kollegen und erfaßt prägnant die Atmosphäre
in den verschiedenen Justizbereichen
. Als Staatsanwalt wird er mit der
NS-Zeit konfrontiert, seine exemplarische
Schilderung von „NSG-Verfahren" (NSG

= Nationalsozialistische Gewaltverbrechen
) zeigt die Schwierigkeiten der juristischen
Aufarbeitung der Vergangenheit
auf. Sympathisch wirkt, daß er nicht nur
als Staatsanwalt unerbittlich Straftäter
verfolgt, sondern sich auch in der Gefangenenfürsorge
engagiert.
Als leitender Oberstaatsanwalt beim
Landgericht in Baden-Baden (seit 1977)
war H.v.L. mit aufsehenerregenden Verbrechen
konfrontiert, dem Millionärsmord
im Tessin, den Eisenbahnattentaten von
„Monsieur X" und dem Baden-Badener
Juweliersüberfall. Der „badische Kosmos
" war bei aller Weltoffenheit des konservativ
-liberalen Staatsanwaltes - er ist
mit einer Französin verheiratet - der Bezugspunkt
seines Lebens. Badische Geschichte
und Literatur fanden mit fortschreitendem
Alter immer größeres Interesse
, wie die Zusammenstellung der Veröffentlichungen
sichtbar macht. Dabei
zeigt der Exkurs in die Familiengeschichte
seit 1680, daß die Vorfahren aus allen
Himmelsrichtungen Deutschlands kamen.
Skeptisch, wie man das von einem Juristen
nicht anders erwartet, überprüft
H.v.L. seine eigenen Erinnerungen an regionalgeschichtlichen
Publikationen und
an Erinnerungen von Zeitgenossen. Der
Leser erhält durch die Verweise zugleich
die Möglichkeit, sich selbst geschichtlich
und literarisch weiter zu orientieren. Mit
einem besorgten Blick auf die Zukunftsprobleme
endet das Buch. Dabei wahrt
der Autor wie auch in den vorangegangenen
Kapiteln das Prinzip des Skizzenhaften
; der Leser erhält die Möglichkeit,
selbst weiter zu denken. Das Buch besticht
auch durch einen flüssigen und gewandten
Schreibstil und prägnante Formulierungen
. Es ist selbst wieder eine
wichtige landeskundliche Quelle. Man
wünschte sich, daß H.v.L. manches, was
er in seinem autobiographischen Abriß
nur skizzenhaft ausgeführt hat, noch ausführlicher
darstellt. Ein Blick in die Bibliographie
zeigt, daß H.v.L. damit schon
begonnen hat.

Heinz G. Huber

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