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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 681
(PDF, 127 MB)
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sehenden „Verteufelung" der Frau durch
den größten Teil der männlichen Intelligenzschicht
. Der Autor beschreibt die
Frauenfeindlichkeit insbesondere nach der
Dämonologie und, daraus folgernd, dem
Hexenbild der damaligen Zeit, um dann
seine Protagonisten mit ihrer neuen Sicht
dagegenzusetzen: Friedrich von Spee in
seiner Verteidigung der Hexen, Grimmelshausen
in seiner Gestaltung der
Landstörzerin Courasche, G. Ph. Hars-
dörffer, der in seinen „Frauenzimmer-Gesprächsspielen
" die Frau dem Manne
gleichstellt.

In der Folge der These, daß Grimmelshausen
seinen Simplizissimus nach einem
bereits im Mittelalter entstandenen Zahlenschema
aufgebaut habe, untersucht
Dieter Breuer (Aachen) den Gebrauch der
Zahl 17 im Gesamtwerk. Die christliche
Bibelauslegung sah in der 17 eine Heilszahl
, die jüdische und humanistische Tradition
eine Unglückszahl. Mit dieser Doppeldeutigkeit
arbeitet auch Grimmelshausen
; in welcher der 22 Belegstellen, die
Breuer zählt, jedoch die eine oder die andere
Bedeutung steckt und welche literarischen
, biblischen, philosophischen Bezüge
jeweils das Geschehen erhellen sollen,
dies herauszufinden, weist der Dichter
dem Leser als Teil seines Lesevergnügens
zu.

Der „Simplizissimus" als Wort-Kunstwerk
steht im Mittelpunkt der Erörterung
Reinhart Siegerts (Rheinfelden): Er stellt
die einfache Frage, mit welchen sprachlichen
Mitteln der Dichter die vielfach zu
erlebende komische Wirkung erreiche. Eine
Fülle von Nachweisen ordnet der Verfasser
unter Begriffe wie Sprichwörter,
Redensarten, Vergleiche, Drastik, Dialekt,
um einige zu nennen, und interpretiert sie
zum gorßen Gewinn für den Leser.
Volker Meid (Wolfschlungen) untersucht,
wie Friedrich Christoph Weisser in seiner
Simplizissimus-Bearbeitung „Schalkheit
und Einfalt" (1822) den Text Grimmelshausens
verändert hat. Sehr genau spürt
der Verfasser Streichungen, Erweiterungen
, Umformulierungen der Kapitelüberschriften
u.a. auf. Ganz wesentliche Eingriffe
, so stellt er fest, drängen „die reli-
giös-eschatologische Dimension des Geschehens
" zurück, mildern inhaltliche und
stilistische Drastik ab, fügen Kritik an
zeitgenössischer Literatur ein. Insgesamt
verflache Weisser das Original, erreiche
aber mit Witz und Ironie eine beachtliche
satirische Wirkung.

Einer Anregung Walter Ernst Schäfers
folgend, das Spannungsverhältnis zwischen
kirchlicher Morallehre und der an
den Universitäten vorgetragenen Moralphilosophie
in der satirischen Dichtung
des 16. Jahrhunderts herauszuarbeiten, behandelt
Horst Langer (Greifswald) das
Problem am Werk des Elsässers Thomas
Murner. Dabei erkennt er in dem Verfasser
der „Narrenbeschwörung" einen „Zerrissenen
", der als Franziskanermönch, seinem
Gelübde verpflichtet, die Lehren seines
Ordens vertritt, der aber auch als Satiriker
, geschult an der humanistisch-gelehrten
Kritik, die Schwächen des Amtsklerus
kräftig anzuprangern weiß.
An dem Reimpaargedicht Jörg Wickrams
„Dialog von der Trunkenheit" - es erzählt
als äußeres Geschehen von einer Winterreise
über den Schwarzwald - arbeitet
Hannes Kästner (Freiburg i.Br.) die
pädagogische Absicht, den Kampf gegen
den Alkoholmißbrauch, heraus. Nach
Aufbau und Inhalt des nicht allzu bekannten
Werkes analysiert der Autor die poetische
Technik des Dichters. Wichtige Informationen
über den kulturellen Stand
Straßburgs und seiner Umgebung erhält
der Leser, wenn Kästner das gelehrte Umfeld
darstellt, aus dem Wickram seine erzieherischen
Grundsätze bezieht.
Eine völlig neue Beurteilung des „Laiebuches
" schlägt Jörg-Jochen Berns (Marburg
) in seinem Aufsatz vor. Die bekannte
Schwanksammlung, Grundlage der späteren
Schildbürgergeschichten, sei kein
Volksbuch einfacher Leute, die volkstümlichen
merkwürdigen Geschehnisse hätten
ihre literarische Form vielmehr durch be-

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