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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 296
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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dor Weiss2. Deswegen wurde den Juden auch erlaubt, und zwar gesetzlich,
Wucherzinsen bis zu 2 Pfennig pro Pfund und Woche zu verlangen. Dies
würde heutzutage einem jährlichen Zins von 43,33 % entsprechen. Später,
im 14. Jahrhundert, wurde dieser Wucherzins auf die Hälfte vermindert.

Für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg besitzen wir ein Schreiben Philipps
IV. aus dem Jahr 1543 als Vordruck (Abb. 1), in welchem er die Juden und
ihre christlichen Schuldner „vertagt" (einberuft), damit die Juden bezahlt
werden, den Schuldnern aber ein erträglicher Termin gewährt wird3. Leider
ist die Höhe des Zinses nicht angegeben.

In den Protokollbüchern der Amtsschaffnereien finden wir Beispiele von
Juden, die Wucherzinsen verlangten. So hat Süssel von Pfaffenhofen zwischen
1655 und 1661 auf der Stadtschreiberei 6 Schuldbriefe eintragen
lassen mit einem Zins von einem Heller pro Gulden (21,6 %)4.

Solche Wucherzinsen wurden aber von den jüdischen Kreditoren bei weitem
nicht systematisch gefordert; die meisten Contract Protocolle und notariellen
Urkunden weisen landläufige Zinsen zwischen 4 und 6% auf.
Hinzugefügt werden muß außerdem, daß in der Grafschaft auch die Christen
ohne Scheu Darlehen gegeben haben. Dafür seien nur zwei Beispiele
aufgeführt: Auf 200 im Westhofener Notariat eingetragene Obligationen
entfielen 82 (41 %) zu Gunsten von Juden5, in Buchsweiler, zwischen 1704
und 1706, auf 218 Obligationen sogar nur 40 (18,4%) zu Gunsten von Juden6
; unter den nichtjüdischen Kreditoren finden wir den Kirchenschaffner
, den Spitalverweser und Adelige!

Viele Schuldbekenntnisse weisen überhaupt keinen Zins auf. So leiht Süss-
kind Blum aus Buchsweiler dem Gerichtsschöffen Georg Voltz 40 Gulden,
„welche er (als) Schuldner zu bezahlen verspricht in vier Terminen, und
zwar ohne Zins"'1. Anno 1677 hat Jacob Weyl der Gemeinde Pfaffenhofen
100 Gulden „vorgestreckt" und von der Gemeinde 2 Gulden „als Recom-
pens", später noch 1 Gulden 5 Schilling „zu einer Ergötzlichkeit" erhalten,
da er das Geld ohne Zins ausgeliehen8.

Manchmal ist der Zins auch in Naturalien enthalten, ohne daß dies besonders
erwähnt wird. So „bekennt Hans Heimburger aus Eckendorf, Auscher
von Minversheim für ein Pferd und ausgeliehenes Geld schuldig worden
benanntlich 120 Gulden, 1 Viertel Weizen, 1 Viertel Habern und 4 Ohmen
Weißwein "9. Da kein Zins und auch nichts über eine zinslose Anleihe erwähnt
ist, kann man annehmen, daß Getreide und Wein den Zins darstellen
. Ein solches Verfahren wurde durch einen königlichen Brief 1784 verboten10
.

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